Dr. med. Google nicht blind vertrauen
Weg über die Suchmaschine führt oft zu zweifelhaften Ergebnissen.
Düsseldorf. Ob Schnupfen, Magenprobleme oder Läusebefall: Viele Menschen schauen zuerst ins Internet, bevor sie zum Arzt gehen. Dr. med. Google spuckt in Sekundenschnelle Informationen aus, ohne Praxisgebühr und volles Wartezimmer. Doch der Schein trügt: Die abrufbare Wissensfülle hilft oft nicht weiter, viele Angebote sind nicht unabhängig, manche Informationen schlicht falsch. "Suchende werden mit tausenden von Seiten konfrontiert, es lässt sich jedoch nur schwer feststellen, welche davon zuverlässig oder aktuell sind", kritisierte schon 2006 die Europäische Kommission.
Besonders heikel ist die Internetrecherche bei umstrittenen Gesundheitsthemen. Wenn Eltern zum Beispiel das Wort "Impfen" eingeben, erhalten sie bei Google 812.000 Treffer. Ganz oben steht die kritische Seite "www.impfschaden.info", kurz darunter folgt "www.impfen.de", eine nur scheinbar unabhängige Seite, denn ein Blick ins Impressum zeigt: Anbieter ist das Pharmaunternehmen Novartis.
Welche Folgen das hat, untersucht auch die Wissenschaft. "Das Internet hat einen Einfluss auf die Wahrnehmung von Impf-Risiken", sagt Dr. Cornelia Betsch, Diplom-Psychologin an der Universität Erfurt, deren Studienprojekt dazu von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. "Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Surfen auf impfkritischen Internetseiten und sinkenden Impfintentionen." Vor allem Einzelschicksale, die statistisch nicht in Gewicht fallen, aber Eltern emotional ansprechen, spielen laut Betsch "eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung", ob Eltern ihre Kinder impfen lassen oder nicht.
Mehr Internet-Medienkompetenz sei nötig, fordert der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Gesundheit, Dr. Peter Müller. Sein Rat: "Schauen Sie ins Impressum!" Die unabhängige Hamburger Stiftung will Transparenz im Gesundheitswesen fördern und "praktische Orientierungshilfe bieten".
Deshalb bewertet sie deutschsprachige Gesundheitsportale und vergibt eines der Gütesiegel, an denen Internetnutzer sich orientieren können ("Geprüfte Homepage" unter blauer Äskulapschlange). Ein weiteres Gütesiegel ist das Logo der Schweizer Stiftung Health on the Net, kurz Hon, ("Hon-Code" in rot-blauem Viereck). Ein anerkanntes Qualitätslogo vergibt zudem das Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem, kurz "afgis", ein Zusammenschluss zur Förderung der Qualität von Gesundheitsinformationen.
Auch die Stiftung Warentest hat im Jahr 2009 Gesundheitsportale bewertet. Wichtig, so die Tester, sei eine "klare Trennung von Inhalt und Werbung", zudem müsse die Information verständlich und vollständig sein. Wissen der Medizin zu vermitteln und Zugang zu qualitativ hochwertigen Informationen zu ermöglichen, ist auch das Ziel der Patientenuniversität der Medizinischen Hochschule Hannover. Leiterin Prof. Marie-Luise Dierks empfiehlt, die Interessen des Autors einer Internetseite und die Aktualität der Information zu überprüfen. Zudem, so sein Ratschlag, solle man sich nicht nur auf eine Homepage verlassen.