Digitalisierung E-Rezepte auf dem Vormarsch – alles was Sie über die digitale Verschreibung von Medikamenten wissen sollten

Die digitale Transformation schreitet mit einem rasanten Tempo voran und hat nicht überraschend auch ihre Auswirkung auf unser Gesundheitssystem. Die Rede ist hier von den sogenannten E-Rezepten. In erster Linie werden diese mit der digitalen Verschreibung von Medikamenten assoziiert. Das Ganze geht jedoch noch ein ganzes Stück weiter, da das E-Rezept die Türen für weitere digitale Anwendungen öffnet.

E-Rezepte auf dem Vormarsch – digitale Verschreibung
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Darunter Medikationserinnerungen, Medikationspläne und das Prüfen von Wechselwirkungen. All das kann Ärzten dabei helfen, ihren Patienten einen noch besseren Service zu bieten, als es auf regulärem Wege möglich wäre. Lange Zeit unterlagen E-Rezepte in Deutschland keinen klaren Regelungen. Aus diesem Grund waren sowohl Ärzte als auch Patienten skeptisch, wenngleich deren Nutzen eigentlich außer Frage stand. Inzwischen hat sich die Situation jedoch geändert und die Zukunft sieht vielversprechend aus. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat nämlich ein Gesetz auf die Wege gebracht, welches E-Rezepte und dazugehörige digitale Prozesse umfasst. Das besagte Gesetz hat den Namen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) und ist seit dem 16. August 2019 in ganz Deutschland gültig. Lediglich die technischen Festlegungen auf Basis einer sicheren Telematikinfrastruktur waren zu diesem Zeitpunkt nicht geklärt. Seit dem 30. Juni 2020 ist aber auch das der Fall. Tatsächlich ist das aber erst die Spitze des Eisbergs. In Zukunft sollen nämlich nicht nur Medikamente durch ein E-Rezept verschrieben werden können. Neben verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollen auch anderweitige Heilmittel, medizinische Hilfsmittel sowie Dienstleistungen in der häuslichen Krankenpflege über eine digitale Verordnung möglich sein. Ein weiteres Gesetz, das es diesbezüglich zu nennen gilt, ist das sogenannte Digitale-Versorgung-Gesetz. Dieses dient in erster Linie der Gewährleistung einer besseren Versorgung durch digitale Prozesse. In jedem Fall handelt es sich hierbei um einen Schritt in die richtige Richtung, der zeigt, dass Deutschland in puncto Digitalisierung keineswegs hinterherhinken muss. Das ist aber selbsterklärend nur dann möglich, wenn die Akzeptanz seitens der Patienten da ist. Die meisten Ärzte sehen E-Rezepte aber durchaus positiv.

Vorteile von E-Rezepten

Nicht einmal Kritiker können die Vorteile von E-Rezepten leugnen. Diese sind nämlich logisch nachvollziehbar und sind durchaus plausible Gründe, dass die digitale Verschreibung von Medikamenten sich in Deutschland langsam durchsetzt. Im Folgenden sind es diese Faktoren, die E-Rezepte so interessant machen:

  • Sicherer Kommunikationsweg zwischen Ärzten und Patienten
  • Rezepte über Apps oder Papierausdruck erhältlich
  • E-Rezepte schaffen eine große Datengrundlage
  • Ein wichtiger Schritt für die Einführung von Fernbehandlungen
  • Sowohl in Online- als auch Offline-Apotheken einlösbar
  • Digitalisierung und Vereinfachung von papiergebundenen Prozessen
  • Wechselwirkungen lassen sich leichter erkennen
  • Digitale Rezepte sind meist schnell und unkompliziert

Wie Sie sehen können, bringen E-Rezepte einige Vorteile mit sich. Einer der entscheidendsten ist, dass sie vielen weiteren digitalen Prozessen im Gesundheitswesen den Weg ebnen. Zum einen liegt das an der Schaffung einer großen Datengrundlage. Zum anderen braucht es gewisse Technologien, um andere digitale Maßnahmen umsetzen zu können. Ein gutes Beispiel dafür sind Fernbehandlungen und Fernoperationen. Ohne die nötige digitale Infrastruktur ist beides nicht wirklich möglich. Für Fernbehandlungen liegen die erforderlichen Technologien im Grunde schon vor. Über Video miteinander zu kommunizieren, ist praktisch kostenlos und unkompliziert möglich. Eine Fernbehandlung ist somit durchaus realisierbar, wenngleich es natürlich Einschränkungen gibt. Da das Gespräch bei den meisten Behandlungen im Vordergrund steht, ist das jedoch kein Hindernis. Bei Fernoperationen sieht es hingegen schon anders aus. Solange kein 5G-Netz vorliegt, ist das Risiko solcher Operationen einfach zu hoch, da bereits ein kurzer Ausfall des Internets letale Folgen haben kann. Zwar gab es bereits 2001 eine erfolgreiche Fernoperation, bei dem Herzchirurgen in Bad Oeynhausen einen Japaner in Yokohama behandelt haben, seitdem ist es jedoch still um die chirurgischen Eingriffe geworden. Fakt ist, dass E-Rezepte trotz aller Kritiken ein sicherer Weg für Ärzte und Patienten sind, um miteinander zu kommunizieren. Bisweilen konnten sich die digitalen Rezepte zwar noch nicht so wirklich durchsetzen, eine plausible Grundlage hierfür gibt es aber eigentlich nicht. Trotz der vorhandenen Nachteile sind E-Rezepte äußerst unkompliziert. Ein Einlösen ist sowohl in örtlichen Apotheken als auch online möglich. Generell haben Patienten eine Menge Spielraum. Sie können sich beispielsweise entscheiden, ob sie das Rezept ausdrucken oder einfach mittels einer hierfür vorgesehenen App vorzeigen. Des Weiteren wird der Papierverbrauch deutlich reduziert, was auch der Umwelt hilft und gerade in Zeiten des Klimawandels fast schon notwendig ist. Von dem Potential der Behandlungen brauchen wir eigentlich gar nicht erst zu reden. Dadurch, dass alles schneller abgewickelt wird, lassen sich mögliche Wechselwirkungen schnell erkennen. Ärzte können unterschiedliche Medikamente testen und dadurch leichter die optimale Lösung für den jeweiligen Patienten finden. In ländlichen Gebieten fallen zudem lange Anfahrtszeiten weg, da es nicht mehr erforderlich ist, für einen Facharzt in eine andere Ortschaft oder gar Stadt zu reisen.

Nachteile von E-Rezepten

So wie es Mythen über Bier und andere Sachen gibt, gibt es auch Mythen über E-Rezepte. Immer noch gibt es viele Menschen, die damit etwas Verwerfliches assoziieren, obwohl das eigentlich nicht berechtigt ist. Einige Nachteile haben E-Rezepte aber durchaus. Vor allem die Folgenden sollten Sie kennen:

  • Versandhandel bedeutet Umsatzeinbußen für landbasierte Apotheken
  • Hacker könnten das System missbrauche
  • Sensible Daten könnten in Umlauf geraten

Es ist klar erkennbar, dass die Vorteile von E-Rezepten überwiegen. Das Potential für den Gesundheitsbereich ist enorm. Aber wie es auch in vielen anderen Branchen der Fall ist, hat die Digitalisierung auch hier nicht nur positive Auswirkungen. Die Situation ist zu einem gewissen Grad mit der Industrialisierung vergleichbar. Obwohl es sich bei elektronischen Rezepten gewissermaßen um einen notwendigen Fortschritt handelt, gibt es nicht nur Profiteure. Unter anderem Apotheker fürchten nicht zu Unrecht, dass E-Rezepte dem Geschäft schaden könnten. Zwar können die Rezepte auch offline eingelöst werden, ob das tatsächlich in einem hohen Maße praktiziert wird, lässt sich bisweilen jedoch nicht absehen. Es könnte also durchaus passieren, dass einige landbasierte Apotheken in den Ruin getrieben werden. In einer immer weiter digitalisierten Gesellschaft wie der unseren vermeidet grad die jüngere Generation überflüssige Wege und wird den einfachen Weg des Medikamentenversands in Anspruch nehmen, sodass den Offline-Apotheken die Kunden wegbrechen dürften. Ein weiterer Faktor ist die Tatsache, dass Hacker das System missbrauchen können. Das ist jedoch generell bei allen modernen Technologien der Fall. Ob Online Banking, Virtual Reality oder E-Rezepte – ein gewisses Missbrauchspotential durch Cyberkriminelle wird es immer geben. Allerdings werden verschiedene Maßnahmen getroffen, um dieses Risiko auf ein Minimum reduzieren. Das wirklich etwas passiert, ist daher extrem unwahrscheinlich. Unberechtigt ist die Sorge von Ärzten und Patienten jedoch nicht. Schließlich könnte es beispielsweise passieren, dass die sensiblen Daten eines Patienten in die Öffentlichkeit geraten. Das wäre für Betroffene selbsterklärend alles andere als angenehm. Doch die Vorteile überwiegen nun mal und wir können uns nicht auf ewig vor der Digitalisierung verschließen. Zumal Deutschland in puncto digitale Transformation ohnehin hinterherhinkt. Andere Staaten wie beispielsweise Japan und die USA sind uns diesbezüglich weit voraus.

Umsetzung wird voraussichtlich Ende dieses Jahres starten

In einem geringen Umfang werden E-Rezepte auch in Deutschland genutzt. Der prozentuelle Anteil ist jedoch gering und keineswegs mit dem in Schweden, der Schweiz oder Großbritannien vergleichbar. In all diesen Ländern wird bereits seit einigen Jahren mit dem Konzept experimentiert und infolgedessen konnten schon Erfahrungen gesammelt werden. Voraussichtlich soll die Umsetzung in Deutschland Ende dieses Jahres starten. Bis dahin sollten nämlich die erforderlichen technischen Voraussetzungen vorliegen, um das Ganze effizient umsetzen zu können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden zu diesem Zweck einige Apps aufkommen. Womöglich sogar welche, die von der Bundesregierung selbst herausgegeben wurden. Doch so nah die Nutzung von E-Rezepten in Deutschland auch sein mag, sind sie doch zu einem gewissen Grad noch Zukunftsmusik. Es bleibt daher abzuwarten, was sich diesbezüglich in den nächsten Monaten oder Jahren tut. Das E-Rezept muss schließlich erst ab dem 1. Januar 2022 bei allen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Zahnärzten umgesetzt worden sein.

Derzeitige Gesundheitskrise bestärkt die Ansichten von Befürwortern

Corona hält uns alle in Atem und es gibt kein Thema, das die Menschen derzeit mehr beschäftigt als das Virus sowie dessen Auswirkungen. Erst kürzlich wurde eine Kindertagesstätte in Wuppertal geschlossen, um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen. Fakt ist, dass soziale Distanzierung derzeit immer noch oberste Priorität hat, denn nur so lässt sich eine Ausbreitung des Virus verhindern. Dieser Umstand bestärkt die Ansichten der Befürworter von digitalen Rezepten sowie damit zusammenhängenden Technologien. Diese Ansicht hat durchaus ihre Berechtigung, da sowohl Patientengespräche als auch das Bestellen von Medikamenten aus dem Internet in der aktuellen Situation unumstritten Sinn macht. Das können selbst Kritiker nicht leugnen.

Zusammenarbeit von Offline- und Online-Apotheken ist eine erforderliche Basis

Damit das Konzept von E-Rezepten funktionieren kann, dürfen Offline- und Online-Apotheken nicht einfach nur in Konkurrenz zueinander stehen. Vielmehr sollten sie sich darum bemühen, enge Beziehungen zueinander zu knüpfen und gemeinsam auf ein besseres Gesundheitssystem hinzuarbeiten. Denkbar wäre beispielsweise, dass landbasierte Apotheken ihre Präparate von großen Online-Apotheken beziehen und den Kunden vor Ort ein Beratungsgespräch mit fachlich fundierter Analyse bieten. Ein Gespräch mit dem Apotheker hat für viele Menschen weiterhin eine große Bedeutung und das ist auch durchaus nachvollziehbar. Allerdings müssen E-Rezepte daran keineswegs etwas ändern. Zumal es mit Sicherheit noch weitere Gesetze geben wird, die darauf abzielen, das Ganze so gerecht wie irgendwie möglich zu gestalten. In jedem Fall ist eine Zusammenarbeit unabdingbar, damit das Konzept funktionieren kann. Doch die Voraussetzungen dafür stehen eigentlich gut. Zwar gibt es einige Apotheker, die E-Rezepte kritisch sehen, auf der anderen Seite gibt es aber auch solche, die damit überhaupt kein Problem haben und sogar eine große Chance wittern.

Wie die Zukunft der E-Rezepte aussehen wird

Bisweilen gibt es bei E-Rezepten noch kaum Konzepte, die wirklich vorzeigefähig sind. Allerdings ist bereits jetzt klar, wie die Zukunft aussehen wird. Ein Begriff, den Sie unbedingt kennen sollten, ist der sogenannte E-Rezept-Token. Dieser berechtigt den Inhaber ein E-Rezept in der Apotheke einzulösen. Dieser E-Rezept-Token kann entweder in Form eines Ausdrucks oder durch einen Barcode auf dem Smartphone vorgezeigt werden. Aufgrund der Einfachheit wird in Zukunft wahrscheinlich vor allem die letztere Variante der Fall sein. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass E-Rezept-Tokens auf Papier aussterben werden. Schließlich spricht wenig dafür, Patienten zwei Optionen anzubieten. Zumal, obwohl es inzwischen gang und gäbe ist, nicht erwartet werden kann, dass jeder Patient ein Smartphone hat. Im Jahr 2019 gab es laut Statistiken 58 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland und die Zahl hat inzwischen wahrscheinlich noch mal deutlich zugenommen. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch viele Menschen, die kein Smartphone haben und diese gewissermaßen zum Kauf eines Smartphones zu zwingen, wäre aus ethischen Gründen nur schwer vertretbar. Wirklich komplex sind E-Rezept-Token aber übrigens keineswegs. Es handelt sich lediglich um ein recht neues Thema, weswegen viele Menschen noch gar nicht richtig wissen, was sie davon halten sollen. Das Prinzip hinter den Tokens ist aber relativ simpel. Ein E-Rezept-Token berechtigt den Inhaber, in einer Apotheke Rezepte einzulösen. Aus diesem Grund enthält er Zugangsdaten zum jeweiligen E-Rezept. Diese können jedoch ausschließlich von einem berechtigten Leistungserbringer verwendet werden. Gewährleistet wird das dadurch, dass das E-Rezept immer auf einem fachanwendungsspezifischen Fachdienst verbleibt. Nur wer sich als Apotheker ausweisen kann, entweder per Heilberufsausweis oder vorliegender Telematikinfrastruktur, kann entsprechende E-Rezept-Tokens lesen. Zum einen trägt das zur Privatsphäre der Patienten bei. Zum anderen wird das Risiko eines Missbrauchs deutlich reduziert.

Wie sicher ist die Technologie vor Hackern?

Immer wieder hören wir in den Medien von Attacken durch Cyberkriminelle und es sind längst nicht nur Unternehmen betroffen. Häufig sind ganz normale Privatpersonen die Opfer. Ob diese finanziell gut betucht sind oder einen finanziellen Schaden wegstecken können, spielt dabei für die Kriminellen keine Rolle, da der Profit im Vordergrund steht. Da bleibt natürlich die Frage, wie sicher die Technologie hinter dem E-Rezept wirklich ist. Schließlich handelt es sich um sensible Daten und sollte ein Server gehackt werden, könnten die Daten von Patienten eingesehen werden. Kriminelle könnten diese missbrauchen, um beispielsweise an HIV leidende Menschen zu erpressen, ihre Krankheit auf den sozialen Netzwerken öffentlich zu machen. Glücklicherweise sind solche durchaus furchterregenden Szenarien höchst unwahrscheinlich. Alle E-Rezepte werden verschlüsselt abgelegt und nicht einmal die Betreiber selbst, können diese einsehen. Es dürfte also niemandem einfach so möglich sein, die Daten von Patienten zu verkaufen oder anderweitig zu missbrauchen. Zumal besagte Technologie regelmäßig sowohl von internen als auch externen Experten überprüft wird.

Abrechnung von E-Rezepten

Die Abrechnung von E-Rezepten wird voraussichtlich auf dieselbe Art und Weise erfolgen, wie es auch bisher üblich war. Bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen bedeutet das, dass die Abrechnung zwischen Apotheke und Krankenkasse erfolgt. Nachdem das Arzneimittel an den jeweiligen Patienten übermittelt wurde, erhält die Apotheke eine Bestätigung vom fachanwendungsspezifischen Dienst. Damit das funktionieren kann, muss jedoch eine funktionierende Telematikinfrastruktur vorliegen, was bisher nur in begrenztem Umfang der Fall ist. Der Ausbau der Infrastruktur ist aber bereits voll im Gange und es dürfte nicht mehr lange brauchen, bis E-Rezepte in ganz Deutschland gang und gäbe sind. Für die Versicherten von gesetzlichen Krankenkassen ändert sich also erst mal nichts. Wie es bei Privatversicherten aussehen wird, ist aber bisweilen noch nicht klar. Allerdings wird schon an einigen benutzerfreundlichen Konzepten zur Abrechnung gearbeitet