Energydrinks in der Kritik - Gefahr durch Alkohol?
Berlin (dpa) - Kühl, süß und mit sportlicher Leistungsfähigkeit beworben: Koffeinhaltige Energydrinks machen wach und trinken sich flott weg. Doch nicht für jeden ist das gesund, sagen Mediziner.
Quietschsüßer Koffeinkick gepaart mit Alkohol: Auch an Silvester werden wieder viele zum Mix aus Energydrink und Alkohol, Wodka zumeist, greifen. Der Absatz, wiewohl nur ein kleiner Anteil des gesamten Softdrinkmarktes, steigt seit Jahren. Doch die Mischung kann mehr als nur Kopfschmerzen bereiten. Immer mehr Stimmen warnen vor eventuellen Gesundheitsgefahren der Wachmach-Brausen - speziell beim Sport oder in Kombination mit Alkohol. Zuletzt tat es auch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie plädiert für ein Verkaufsverbot der Getränke an Kinder und Jugendliche, ebenso wie die Verbraucherschützer von Foodwatch.
Litauen hat dies als erstes Land wahr gemacht: Seit kurzem dürfen Energydrinks dort nicht mehr an Minderjährige verkauft werden. Denn Kinder und Jugendliche reagieren besonders empfindlich auf Koffein, das in Überdosis auch bei Erwachsenen Herzrasen, Bluthochdruck, Übelkeit und Krämpfe hervorrufen kann.
250 Milliliter Energy-Brause enthalten im Durchschnitt 80 Milligramm Koffein, etwa so viel wie zwei Tassen Filterkaffee oder anderthalb Espresso. Für Erwachsene gilt ein Koffeinkonsum von bis zu 300 Milligramm am Tag als gesundheitlich unbedenklich.
Erwachsene müssen bei moderatem Konsum deshalb nicht mit Gesundheitsproblemen rechnen. Der Mix mit Alkohol kann jedoch auch ihnen schlecht bekommen - und jeder zweite Konsument trinkt die Drinks mit Alkohol, ergab eine große Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). Eine schwedische Studie von 2006 brachte sogar einige Todesfälle damit in Zusammenhang - die Betroffenen hatten größere Mengen Alkohol und Energydrinks getrunken.
„Die Assoziation ist da, aber kausal belegt werden konnte der Zusammenhang nicht“, sagt Anke Ehlers vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „Das gesundheitliche Risiko besteht nicht darin, dass jemand ab und zu eine Dose trinkt, sondern vor allem in dem hohem Konsum, und speziell im Zusammenhang mit sportlicher Betätigung oder Alkohol.“
2014 ermittelte das BfR nun erstmals Zahlen zu den Mengen: In Clubs, auf Musikveranstaltungen, bei Sportevents und auf LAN-Partys wurden über 500 sogenannte Hochverzehrer befragt - das sind Menschen, die gerne und regelmäßig Energydrinks konsumieren. Beim Tanzen in Clubs tranken sie binnen 24 Stunden im Schnitt einen Liter Energydrink-Alkohol-Mix. Bei LAN-Partys, wo die Teilnehmer bis zu 48 Stunden wach bleiben, kippen sie laut Umfrage in einigen Fällen bis zu fünf Liter solcher Mischungen in 24 Stunden weg.
Vor allem junge Männer zwischen 20 und 25 Jahren fallen in diese Vieltrinkergruppe. „Das Problembewusstsein ist nicht da und Verzehrempfehlungen werden nicht beachtet“, resümiert Ehlers. Den Gamern ging es vor allem um Geschmack, gesteigerte Leistungsfähigkeit und Wachheit.
Auch Kardiologen sehen die Entwicklung mit Sorge - speziell herzempfindlichen Menschen raten sie grundsätzlich ab von den Koffeinboostern. Kinderkardiologen berichten von Fällen, in denen Kinder nach höherem Energydrink-Konsum Herzmuskelerkrankungen erlitten. Auch hier nennt die Efsa-Studie Zahlen: In Deutschland hat jedes fünfte Kind zwischen acht und zehn Jahren schon einmal einen Energydrink getrunken, jeder sechste der jungen Konsumenten trinkt sogar vier bis fünf Dosen die Woche.
Seit Mitte Dezember sind nun vergrößerte Warnhinweise für Kinder, Schwangere und Stillende auf den Dosen Pflicht. Nur: Ob Kinder diese lesen, ist fraglich. Und kalte, süße Brausen trinken sich schneller weg als heißer und bitter schmeckender Kaffee.
Marktführer Redbull, der in großem Ausmaß Sport- und Game-Ereignisse sponsert, bemerkt dazu: „Energy Drinks werden seit über 25 Jahren in mehr als 165 Ländern vertrieben, da Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt zu der Erkenntnis gekommen sind, dass diese sicher zum Verzehr sind.“ Die steigenden Absatzzahlen dürften ihn weiter beflügeln - auch wenn er in den USA im Herbst eine Schlappe einstecken musste: 13 Millionen Dollar zahlte das Unternehmen wegen irreführender Werbung in einen Fonds, um eine Massenklage zu vermeiden. Grund: Der Slogan „Red Bull verleiht Flügel“ entspreche nicht der Wahrheit und das Getränk fördere - anders als vom Unternehmen beworben - auch nicht die Fitness, so die Kläger.