Gefährliche Vogelgrippe in Vorpommern
Heinrichswalde/Schwerin (dpa) - Erstmals ist ein bisher nur aus Asien bekannter und gefährlicher Geflügelpest-Erreger in Deutschland aufgetaucht. Der betroffene Mastputenbetrieb mit etwa 31 000 Tieren im Landkreis Vorpommern-Greifswald wurde gesperrt.
Die Puten sind mit dem Influenzavirus vom Subtyp H5N8 infiziert. Am Donnerstag wurde mit der Tötung begonnen, die am Freitag abgeschlossen werden soll.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) äußerte sich am Abend vorsichtig zuversichtlich, dass die Seuche auf den Betrieb in Heinrichswalde beschränkt bleibe. Im Unterschied zu dem ersten großen Vogelgrippe-Ausbruch im Februar 2006 sei bislang kein infizierter Wildvogel in Mecklenburg-Vorpommern entdeckt worden.
In dem Putenmastbetrieb habe es seit Anfang des Monats erhöhte Todesraten gegeben, die sich in den vergangenen Tagen gesteigert hätten, sagte der Präsident des Friedrich-Loeffler- Instituts (FLI), Thomas Mettenleiter, der dpa. Das FLI ist das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
Wie der Erreger der Geflügelpest oder Vogelgrippe in den Bestand kam, ist demnach unklar. Das FLI habe vier Experten in den Ort geschickt, die nach den Ursachen forschen. Zuletzt war 2008 ein hochansteckender H5-Erreger in Deutschland aufgetreten.
„Wir müssen davon ausgehen, dass jeder hochpathogene Erreger auch eine Gefährdung für den Menschen darstellen kann“, sagte Mettenleiter. Für den H5N8-Erreger sei eine Übertragung auf den Menschen aber noch nicht beobachtet worden - auch nicht in Südkorea, wo bislang Hunderttausende Tiere getötet werden mussten. Experten sehen aber keinen Grund zur Panik.
Backhaus mahnte jedoch, es müsse dringend dafür gesorgt werden, dass das Virus nicht auf Säugetiere überspringt. Im Umkreis von 50 Kilometern um den Ausbruchsherd muss das Geflügel von sofort an im Stall bleiben. Auch Tierhalter in der Nähe von Wasserrastplätzen von Zugvögeln an Binnenseen und an der Ostseeküste müssen ihre Hühner, Enten oder Gänse in den Stall bringen. Nach den Worten des Kreisamtstierarztes Holger Vogel in Anklam reicht das Gebiet, in dem Tiere in den Stall müssen, über den Kreis Vorpommern-Greifswald hinaus bis in die Uckermark (Brandenburg), die Mecklenburgische Seenplatte und nach Polen.
Weiter teilte der Minister mit, dass alles Nutzgeflügel, auch in privaten Kleinsthaltungen, im Umkreis von drei Kilometern um den Geflügelpest-Betrieb getötet werden muss. Neben den Puten seien dort knapp 900 Hühner sowie Gänse, Enten und anderes Geflügel bei 81 Kleinsttierhaltern registriert. Diese erhalten Entschädigungen, wie Backhaus sagte. In einem Radius von zehn Kilometern gebe es Restriktionen für Tierhalter. Davon seien auch zwei größere Betriebe mit Legehennen und Masthähnchen betroffen.
Bei dem Putenmastbetrieb in Heinrichswalde handelt es sich um einen ordentlich und gut geführten Betrieb, wie die Landestierärztin Maria Dayen sagte. Es seien keine Nachlässigkeiten festgestellt worden. Die Küken seien im Juli und im September als Eintagsküken in den Betrieb gekommen und damit lange vor der Inkubationszeit von zehn Tagen. Symptome der Seuche seien die Verweigerung von Futter und Wasser und ein apathisches Verhalten. Etwa 2000 Puten sind laut Vogel bisher verendet.
Greenpeace-Agrarsexpertin Stephanie Töwe-Rimkeit befürchtet das weitere Ausbreiten der Krankheit aufgrund der großen Geflügelbestände in Deutschland. „Miserable Haltungsbedingungen, überzüchtete Rassen, hoher Einsatz von Antibiotika sowie der Einsatz von billigen gentechnisch veränderten Futtermitteln gehören zum traurigen Alltag der Putenproduktion“, sagte sie. Es fehlten staatliche Regulierungen.
Nach Greenpeace-Angaben werden in Deutschland jährlich 36,7 Millionen Puten geschlachtet. Putenfleisch aus der Massentierhaltung sei das billigste Fleisch am Markt. 2013 hätten Landwirte pro Kilogramm Pute (Lebendgewicht) etwa 1,40 Euro bekommen.