Giftnotruf will Paracetamol nur noch auf Rezept

Erfurt (dpa) - Eine generelle Rezeptpflicht für den Wirkstoff Paracetamol hat das ostdeutsche Giftinformationszentrum in Erfurt gefordert.

„Dieser Schritt ist längst überfällig, da eine Überdosierung schwere Nebenwirkungen verursacht“, sagte der Leiter des Giftnotrufs, Helmut Hentschel, der Nachrichtenagentur dpa. Werde zu viel eingenommen, könne die Leber derart geschädigt werden, dass eine Transplantation notwendig sei.

Obwohl Packungen, die mehr als zehn Gramm des Wirkstoffs enthalten, seit April 2009 verschreibungspflichtig seien, hätten sich die Vergiftungszahlen bislang kaum verändert, kritisierte der Mediziner. „Wir haben fast jeden Tag einen Paracetamol-Fall.“ Die Abgabemenge wurde beschränkt, um Überdosierungen zu vermeiden. Patienten, die mehr als die rezeptfreie Menge wollten, holten sich diese aber einfach in der nächsten Apotheke.

Das Giftinformationszentrum registrierte in diesem Jahr knapp 360 Paracetamol-Vergiftungen. Das seien rund fünf Prozent aller Notrufe, die Arzneimittel betreffen. „Bei einer hohen Dosis kommt es zu schweren Vergiftungen, die sich anfangs jedoch nur mit leichten Symptomen zeigen“, warnte Hentschel.

Die Folgen seien allerdings fatal, da die Entgiftung mit einem Gegenmittel nur im Anfangsstadium möglich sei. Auch wer beispielsweise bei Zahnschmerzen mehrere Tage hintereinander Paracetamol schlucke, komme schnell auf eine gefährliche Dosis. „Das Risiko ist einfach zu hoch, deshalb sollte ernsthaft über eine Rezeptpflicht nachgedacht werden“, verlangte Hentschel. Der Giftnotruf in Erfurt wird von den Ländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern getragen.