Große Chance mit Hindernissen: Leben mit einem Spenderorgan
Berlin (dpa/tmn) - In Peter Frickes Brust schlägt seit 25 Jahren ein fremdes Herz. Damals erlitt er eine Herzmuskelentzündung, vermutlich aufgrund einer verschleppten Virusinfektion. Mit 35 Jahren versagt sein Herz.
Er hat Glück, dass rechtzeitig ein Spenderherz zur Verfügung steht, bevor andere Organe Schaden nehmen.
„Mir ist damals Leben geschenkt worden“, sagt Peter Fricke. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation verpflanzten Mediziner allein 2013 in Deutschland 2272 Nieren, 967 Lebern, 371 Lungen und 313 Herzen. Möglich sind Organtransplantationen erst durch Medikamente, die das Immunsystem dosiert unterdrücken und so verhindern, dass der Körper das Spenderorgan abstößt. Diese lebenslange immunsuppressive Therapie ist für den Transplantationserfolg unerlässlich.
Einige dieser Medikamente zählen zu den „Critical Dose Drugs“, das heißt der Blutspiegel muss genau kontrolliert und innerhalb eines schmalen Bereichs konstant gehalten werden. „Ein Zuviel führt zu schweren Nebenwirkungen wie etwa Nierenschädigungen. Ein Zuwenig kann eine Abstoßungsreaktion auslösen“, erläutert Frank Lehner, der Geschäftsführende Oberarzt der Transplantationschirurgie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Regelmäßige Kontroll- und Blutuntersuchungen gehörten daher zum Alltag.
Erkrankungen, die zu Organtransplantationen führen, können jeden Menschen in jedem Alter treffen. Nicht selten kommt die niederschmetternde Diagnose ganz plötzlich. Wie bei Peter Fricke. Und wie auch bei seiner Tochter: Mit 20, nach der Geburt ihres Sohnes, ereilt sie das gleiche Schicksal wie ihren Vater. Für Peter Fricke steht zu diesem Zeitpunkt fest, dass er sich mit ganzer Kraft dem wichtigen Thema Organtransplantation widmen will. Er engagiert sich im Bundesverband der Organtransplantierten (BDO), übernimmt 2012 den Vorstandsvorsitz. Sein Ziel: helfen, aufklären und beraten.
Probleme gibt es viele. Dazu zählen etwa lange Wartezeiten auf ein Spenderorgan im Vorfeld. „Viele Patienten müssen zu lange warten, sie gehen in einem sehr schlechten Zustand in die Transplantation“, sagt Lehner. Schwierigkeiten bereiten außerdem Vorurteile und mangelnde Unterstützung bei der Rückkehr in den Beruf oder der beruflichen Neuorientierung. „Viele Transplantierte können nicht wieder in ihren Beruf eingegliedert werden, weil die Leute Angst haben, dass sie oft krank werden“, beschreibt Fricke.
In vielen Fällen benötigen Betroffene und ihre Angehörigen psychologische Unterstützung, um mit dem Erlebten und den Ängsten umzugehen. „Gerade die ganz jungen Patienten, die 20- oder 25-Jährigen, haben die größten Aufgaben. Weil sie ihr ganzes Lebenskonzept neu aufbauen müssen. Weil sie den Schock, aus einer völligen Gesundheit in so eine lebensbedrohliche Krise geworfen worden zu sein, erst mal verarbeiten müssen“, erklärt Prof. Wolfgang Albert, ärztlicher Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums und des Bereiches Psychosomatik im Deutschen Herzzentrum in Berlin.
Neue Medikamente und moderne Therapiekonzepte haben die Lebensqualität verbessert, sagt Lehner. Unter anderem dadurch könnten Patienten selbst nach einer Herz- oder Lebertransplantation wieder ein ganz normales Leben führen.