Gutes Brot braucht Zeit

Rauris/Oldenburg (dpa/tmn) - Brot ist heute eher Industrieprodukt als Handwerkserzeugnis, zumindest wenn es aus dem Supermarkt kommt. Die Alternative: selber backen. Mit Zeit und Experimentierfreude entsteht im heimischen Ofen Brot mit besserem Geschmack und eigenem Charakter.

Ein Ofen und vier Zutaten, mehr braucht es nicht: Aus Mehl, Hefe, Salz und Wasser wird mit viel Zeit und Gefühl selbst gebackenes Brot. „Es ist keine Hexerei“, sagt Roswitha Huber. Sie leitet die „Schule am Berg“ im österreichischen Rauris und versucht dort, Kindern und Erwachsenen den Respekt vor dem Backen zu nehmen. Ihr wichtigster Ratschlag an Anfänger: „Dem eigenen Gefühl folgen und in Kauf nehmen, dass auch mal was richtig schief geht.“

Anfänger sollten keine Wissenschaft aus dem Backen machen, sondern sich vor allem Zeit lassen. Dazu gehört auch, die Küche vernünftig aufzuwärmen. Kaltes Mehl und eine kalte Küche sind eine der Hauptursachen für misslingende Brote. Zu viel nachdenken solle man über die exakt richtige Temperatur aber auch nicht: „Heizen Sie die Küche so, dass Sie sich selber darin wohlfühlen“, rät Huber. Ansonsten gilt: Möglichst viel von Hand machen, und Finger weg von Backmischungen. „Das hat mit Backen sonst so viel zu tun wie eine Tütensuppe mit Kochen.“

Und wer das Brot ein wenig länger gehenlässt, kann oft weniger Hefe verwenden als im Rezept angegeben. Dieses „Gehenlassen“ muss übrigens nicht, wie oft behauptet, an einem möglichst warmen Ort passieren. Dadurch geht der Teig nur schneller, aber nicht unbedingt besser. Stattdessen braucht jedes Brot und jeder Teig seine eigene Zeit und seine eigene Temperatur: Das bekannte italienische Ciabatta etwa wird nur in der Kühlkammer richtig gut. „10 bis 12 Grad sind für die meisten Brote eine gute Temperatur“, sagt Heiko Antoniewicz, Koch und Brotbackbuch-Autor.

Deutlich wärmer wird es dann beim Backen. Die besten Ergebnisse erzielt man dabei mit einem Holzofen - aber wer hat den schon zu Hause? Steinbodenöfen sind da schon ein bisschen verbreiteter. Wer keinen hat, dem empfiehlt Antoniewicz, zumindest ein schwarzes Blech zu verwenden: Das leite die Wärme besser.

In seinem Berufsleben hat Antoniewicz immer wieder eine Erfahrung gemacht: „Meine Gäste können auf vieles verzichten, auch auf vermeintlich grundlegende Dinge wie Reis oder Kartoffeln. Aber nicht auf Brot.“ Auch er rät Anfängern dringend, ihre Ungeduld zu zügeln und sich viel Zeit mit dem Backen zu lassen. Ein gutes Brot brauche mindestens drei, eher vier Stunden.

Viel Zeit für Brot ist auch das Motto von Ingo Rasche, Vorsitzender des Vereins SlowBaking in Oldenburg - auf Deutsch „langsames Backen“. Der Verein zeichnet Bäcker aus, die ohne industrielle Hilfsmittel und Fertigprodukte nicht auf Tempo und Masse, sondern auf Qualität setzen. Das empfiehlt er auch Hobbybäckern, denn: „Handgemachtes Brot ist einfach besser.“

Handgemachtes Brot erkenne man zum Beispiel an der Porung: Je ungleichmäßiger, desto besser, ruhig bis hin zum Loch im Teig. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn das Brot aus dem eigenen Ofen nicht aussieht wie das im Supermarkt, sagt Rasche: „Das ist eher ein Zeichen von Qualität.“

Service:

Antoniewicz, Heike: Brot, Matthaes Verlag, 256 S., 59,95 Euro, ISBN-13 978-3-87515-045-2

Huber, Roswitha: Gutes Brot. Genuss und Lebensfreude mit einer einfachen Delikatesse, Dort-Hagenhausen-Verlag, 210 S., 24,95 Euro, ISBN-13 978-3-9813104-4-3