Hypnose-Experte Renartz: „Der Patient übernimmt die Hauptrolle“
Mainz (dpa) - Von wegen Hokuspokus: Die Behandlung mittels Hypnose gilt als eine der ältesten Heilmethoden. Nun kommt diese Technik langsam, aber sicher in der Schulmedizin an.
In Mainz trifft sich die Deutsche Gesellschaft für Autosystemhypnose zu ihrer Jahrestagung (6. bis 8. September). Mit Hilfe der Hypnose könnten sogar Blutungen gestoppt und Heilungsprozesse beschleunigt werden, sagt der Vorsitzende der Gesellschaft Götz Renartz.
Herr Renartz, erledigen wir erst mal die Klischees: Was müssen Sie sich von Skeptikern anhören, wenn Sie in Mainz mit 140 Kollegen über Reisen ins Unbewusste sprechen?
Renartz: Viele sehen in der Hypnose einen Kontrollverlust und haben Angst. Sie denken, das Unbewusste übernimmt dann und lässt einen wie beim Show-Hypnotiseur als Frosch über die Bühne hüpfen.
An so einem Ergebnis dürfte aber ein Zahnarzt mit einem Angst- und Schmerzpatienten im Sessel wenig Interesse haben.
Renartz: In der Medizin ist Hypnose ein unterstützendes Verfahren, also zur Stressbewältigung, Schmerzbewältigung, zur Blutungskontrolle bei kleinen und mittleren Operationen. Zum Beispiel zieht der Zahnarzt einen Zahn und kann die anschließende Blutung mit Hilfe von Hypnose stoppen.
Wie bitte? Blutungen stoppen durch Hypnose?
Renartz: Ja! Mein Zahnarzt sagte mir einmal: Siehst du den Hebel? Ich: Mmh, ich sehe ihn. Er: Und jetzt zieh! Dann habe ich gezogen wie verrückt und die Blutung war vorbei. Eine andere Möglichkeit ist, dem Patienten zu sagen: Stellen Sie die Blutung hinten rechts jetzt ab! Und wenn die Suggestion angenommen wird, stoppt die Blutung in dem Moment. Wie das funktioniert, weiß kein Mensch, aber es funktioniert. Auch in der Zeit nach der OP.
Der Zahnarzt programmiert den Patienten für danach?
Renartz: Er könnte zum Beispiel gegen Ende der OP sagen: „Ihr Immunsystem ist angesprungen und wird auch in der nächsten Zeit für Sie sorgen und alles wird schnell und sicher abheilen.“ Der positive Effekt setzt sich fort mit einer beschleunigten Wundheilung und weniger Schmerzen in der Zeit danach.
Was ist beim Patienten die Voraussetzung für eine funktionierende Hypnose?
Renartz: Wenn Ihr Unbewusstes mitspielt, funktioniert die Hypnose - wenn nicht, dann nicht. Aber ein erfahrener Hypnotiseur kann Ihr Bewusstsein leicht ausschalten.
...sagt ein schulmedizinisch ausgebildeter Mann mit zwei Facharzt-Qualifikationen - und trotzdem gibt es wahrscheinlich immer noch Kollegen, die das alles belächeln, nicht zuletzt, wenn in der Psychotherapie damit gearbeitet wird.
Renartz: Manche Ärzte sagen: Das ist doch alles Hokuspokus. Woher weiß ich denn, dass der Patient das, was er mir in der Hypnose sagt, auch wirklich erlebt.
Woher kommt aus Ihrer Sicht dieses Misstrauen?
Renartz: Bei der selbst organisierten Hypnose wird das Unbewusste als „Innerer Arzt“ eingesetzt - das heißt, es ist ein anderes Bild des Arztes, das an die alten Griechen anschließt: Die sagten, die Natur heilt. Da muss man als Arzt schon ein gutes Selbstbewusstsein haben und ein positives Menschenbild: Ich werde sekundär, der Patient übernimmt die Hauptrolle.