Lebensmittelskandal Immer mehr Fipronil-Eier - Belgien unter Druck
Berlin. Der Skandal um mit dem Insektengift Fipronil belastete Eier und daraus hergestellte Produkte weitet sich aus. Aus Belgien wurde bekannt, dass die dortigen Behörden schon seit Anfang Juni die giftige Substanz in Geflügelbetrieben vermuteten - Wochen, bevor sie andere EU-Länder informierten.
In Niedersachsen wird weiter nach den Hintermännern einer Briefkastenfirma gesucht, an die mit Fipronil versetztes Reinigungsmittel geliefert wurde. Die Gefahren für Verbraucher sind laut Experten aber überschaubar.
Fipronil wird etwa bei Hunden gegen Hautparasiten wie Läuse, Milben und Flöhe eingesetzt. Die Anwendung bei Tieren, die Lebensmittel liefern, ist in der EU aber verboten. Derzeit wird angenommen, dass ein belgischer Hersteller einem gängigen Reinigungsmittel verbotenerweise Fipronil beimengte und die Mischung an Betriebe in Belgien, den Niederlanden und Deutschland verkaufte.
In den Niederlanden wurden am Wochenende 14 weitere Identifizierungscodes belasteter Eier veröffentlicht. Insgesamt lag die Zahl gelisteter Kennzeichnungen am Sonntag bei 170. Die neuen Codes seien die von Betrieben, die keine registrierten Kunden des Fipronil-Gemisch-Anbieters waren, aber dennoch Geschäftsbeziehungen zu ihm unterhielten, hieß es von der Kontrollbehörde NVWA.
Den belgischen Behörden war der Verdacht schon lange bekannt. „Ein belgisches Unternehmen hat uns gemeldet, dass es ein Problem mit Fipronil geben könnte“, sagte Katrien Stragier, eine Sprecherin der belgischen Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK, am Wochenende.
Erst am 20. Juli meldeten die belgischen Behörden dann EU-weit, dass das Gift auf Geflügelhöfen im Land nachgewiesen wurde. Man habe die Staatsanwaltschaft ermitteln lassen und erst Informationen über die Dimension des Problems sammeln wollen, hieß es zur Begründung.
Der Sprecher von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), Jens Urban, erklärte dagegen, der Minister „hätte erwartet, dass die Behörden in Belgien zeitnah und umfassend informieren“.
In den Tagen nach der offiziellen Bekanntgabe hatte es Dutzende Nachweise in Eiern niederländischer Produzenten gegeben, Millionen dieser Eier waren nach Deutschland, die Schweiz und Schweden geliefert worden. In Deutschland wurde zudem klar, dass das Fipronil-Gemisch an eine Briefkastenfirma sowie vier Geflügelhöfe in Niedersachsen verkauft worden war.
Von den Eiern und daraus hergestellten Produkten geht nach Einschätzung von Experten bei den bisher gefundenen Mengen keine unmittelbare Gesundheitsgefahr aus. In hohen Dosen kann Fipronil für Menschen aber gefährlich sein - in Experimenten mit Ratten schädigte die Substanz das Nervensystem und die Leber, hatte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt. Vorerst gebe es jedoch keine Befunde mit einem möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei.
Etliche Millionen Eier wurden bereits aus den Supermarktregalen geholt und vernichtet. Inzwischen gibt es zudem erste Rückrufe für Produkte mit verarbeiteten Eiern. Betroffen sind Salate eines Lübecker Unternehmens. Auch bei anderen Lebensmitteln wie etwa Mayonnaise oder Eierlikör dürften Rückstände zu finden sein, nehmen Experten an. Prüflabore bundesweit arbeiten auf Hochtouren.
Die Grünen erneuerten am Wochenende ihre Forderung nach einer Ausweitung der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Wie beim Herkunftsstempel auf Eiern sollten eihaltige Lebensmittel einen individuellen Nummerncode erhalten, der zeigt, aus welchem Betrieb die verwendeten Eier stammen, geht aus einem Forderungsplan von Mitgliedern der Grünen im Bundestag hervor, der den Zeitungen der Funke Mediengruppe vorlag. (dpa)