In die Glaskugel geblickt: Mit Schröpfen Schmerzen lindern

Bad Sobernheim (dpa/tmn) - Schröpfen ist eine uralte Therapieform. Heilpraktiker und Ärzte für Naturheilverfahren setzen sie gern bei Kniearthrosen, dem Karpaltunnelsyndrom und bei chronischen Rücken- oder Nackenschmerzen ein.

Das soll die Selbstheilungskräfte aktivieren.

Kleine, runde Glasgefäße haben sich an den Rücken gesaugt und ziehen die Haut darunter etwas an: Das Schröpfen ist eine der ältesten Therapieformen und gehört heute auch hierzulande zu den festen Bestandteilen der Alternativmedizin. Es kann bei unterschiedlichsten Beschwerden helfen - und das meist ohne größere Nebenwirkungen.

„Das Schröpfen ist eine Therapieform, die es schon seit Tausenden von Jahren gibt“, erklärt Matthias Menschel vom Deutschen Wellness Verband. „Es gehörte zu den ausleitenden Therapieformen wie einem Aderlass oder einer Behandlung mit Blutegeln“, sagt der in Bad Sobernheim in Rheinland-Pfalz tätige Facharzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren. Die Idee sei gewesen, den Körper von vermeintlich schlechten Säften zu befreien und die Selbstheilungskräfte anzuregen.

Heute dient das Schröpfen immer noch dem Stärken der Selbstheilungskräfte. „Die Basis des Schröpfens sind Reflexzonen der Haut“, sagt Arne Krüger vom Fachverband Deutscher Heilpraktiker in Bonn. Das bedeute: „Durch die embryonale Entwicklung des Menschen kann man jede Hautzone einem bestimmten inneren Organ zuordnen.“ Wer etwa eine Nierenkolik habe, habe oft auch Schmerzen in der Schulter.

Diese Zusammenhänge der sogenannten Headschen Zonen macht sich das Schröpfen zunutze. „Wenn man an einer bestimmten Hautzone einen Reiz ansetzt, wird dieser durch das Nervensystem zu einem Organ geleitet und kann dort etwas anregen“, sagt Krüger. Menschel erklärt das so: „Ich vergleiche das gerne mit einem Pendel, das etwas gestört ist, dann durch einen Impuls von außen angestoßen wird und von selbst wieder in die richtige Position schwingt.“

Für das Schröpfen gibt es vor allem zwei Möglichkeiten: das trockene und das blutige Verfahren. „Beim trockenen Schröpfen werden Schröpfköpfe aus Glas oder durchsichtigem Kunststoff auf die entsprechende Hautpartie gesetzt“, erläutert Menschel. Früher habe man die gläsernen Köpfe meist über eine Flamme gehalten. Heute gebe es häufig Kunststoffgefäße mit einem Pumpkopf aus Gummi, durch den Luft angesaugt wird und sich so ein Unterdruck bilden kann.

Beim blutigen Schröpfen wird die Haut zuerst etwas angeritzt, wie Prof. Andreas Michalsen, Chefarzt für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin, erklärt. „Wird dann ein Schröpfkopf mit Unterdruck aufgesetzt, tritt auch etwas Blut mit aus.“ Das sei mit einem kleinen Aderlass zu vergleichen. „Ob bei einem Patienten eine trockene oder eine blutige Anwendung vorgenommen wird, entscheidet der Therapeut von Fall zu Fall“, sagt Michalsen.

Das Schröpfen wird meist bei der Behandlung von Schmerzen eingesetzt. „Es kann zum Beispiel bei Kniearthrosen und dem Karpaltunnelsyndrom - also Schmerzen am Arm - helfen“, erklärt Michalsen. Studien hätten zudem gezeigt, dass es gut gegen chronische Rücken- oder Nackenschmerzen helfe. „Nach einigen Malen Schröpfen sind die Schmerzen zwar nicht weg, meist aber gut gelindert.“ Wie Menschel ergänzt, kann Schröpfen außerdem funktionelle Beschwerden der inneren Organe reduzieren, zum Beispiel bei ständigem Druckgefühl im Verdauungstrakt. Wichtig sei allerdings, Beschwerden auch immer schulmedizinisch untersuchen zu lassen.

Außerdem müssen Patienten sich auf blaue Flecken einstellen. „Durch das Ansaugen der Haut entstehen oft kleine Blutergüsse“, sagt Heilpraktiker Krüger. Das sei auch der Grund, warum Menschen mit Bluthochdruck und Bluter eher nicht für das Schröpfen geeignet seien. „Das kann große Blutergüsse geben.“ Bei bestimmten infektiösen Erkrankungen der Haut kann Schröpfen außerdem die Keime noch weiter verteilen.