Kunstgelenke gegen den Schmerz
Hüften aus Metall und Kunststoff helfen bei Verschleiß oder Oberschenkelhalsbruch.
Berlin. Ein Oberschenkelhalsbruch oder der Verschleiß des Hüftgelenks sind bei älteren Menschen die häufigsten Gründe für ein künstliches Gelenk. Durch den Verschleiß (Arthrose) ist die natürliche Knorpelschicht so abgenutzt, dass Betroffene nur noch unter großen Schmerzen gehen können.
Das künstliche Gelenk kann ihnen ein Stück Normalität zurückgeben. Nach einem Oberschenkelhalsbruch geht es darum, den Patienten durch das Implantat rasch wieder auf die Beine zu bringen. In jüngeren Jahren führt meist Verschleiß aufgrund einer angeborenen Hüftgelenksverrenkung zum Gelenkersatz.
Verschiedene Prothesentypen und Materialien sind auf dem Markt. „Je nach Modell werden heute Standardimplantate aus Stahl, Kobalt-Chrom-Legierungen, Titanlegierungen, Kunststoff und Keramik mit- oder untereinander kombiniert“, erläutert der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed).
Welche OP-Technik und welche Prothese für wen am besten geeignet ist, sei immer eine individuelle Entscheidung. Sie hänge unter anderem von der genauen Erkrankung und der Knochenqualität ab.
Ein künstliches Gelenk ist im Aufbau dem natürlichen nachempfunden. Das Hüftgelenk besteht aus dem Hüftkopf, dem halbkugelförmigen Abschluss des Oberschenkelhalses. Der Kopf gleitet beim Bewegen in der Hüftpfanne, einer Aushöhlung im Beckenknochen.
Bei einer Prothese wird eine Form aus Metall mit oder ohne Kunststoff- oder Keramikeinsätze oder nur aus Kunststoff in die Aushöhlung eingesetzt. Der natürliche Hüftkopf wird meist entfernt und durch einen Prothesenkopf ersetzt, der mit einem Metallschaft im Mark des Oberschenkels verankert ist — entweder mit oder ohne Knochenzement.
Je jünger ein Patient ist, desto länger muss die Prothese halten, ergänzt Professor Fritz Uwe Niethard von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Fachleute gehen derzeit von einer sogenannten Standzeit von durchschnittlich 15 Jahren aus, bevor sich das künstliche Gelenk lockert oder aus anderen Gründen ausgetauscht werden muss.
Dann ist es von Vorteil, wenn das Ersatzgelenk nicht im Knochen einzementiert ist. „Bei einem Wechsel müsste man den Zement herausschlagen. Das ist so, wie wenn man Putz abschlägt — da geht dann auch Gestein verloren.“
Ebenso wichtig wie die Verankerung im Knochen ist die Frage nach dem Material der gegeneinanderreibenden, beweglichen Teile der Prothese, Gleitpaarung genannt. Möglich sind die konventionellen Kombinationen Metall oder Keramik mit Polyethylen sowie die Hart-auf-Hart-Gleitpaarungen Metall mit Metall und Keramik mit Keramik oder mit hochvernetztem Polyethylen.
Dabei handelt es sich dem BVMed zufolge um eine abriebärmere Weiterentwicklung des herkömmlichen Kunststoffes. „Je stärker die Prothese beansprucht wird, desto eher wird man sich für eine Hart-auf-Hart-Gleitpaarung entscheiden“, erläutert Günther.
Konventionelle Paarungen hätten akzeptable Verschleißraten. „Sie zeigen in 10 bis 20 Jahren kaum Abrieb. Eine längere Lebensdauer, aber spezifische Risiken, die man eventuell in Kauf nehmen muss, haben Metall-auf-Metall- sowie Keramik-auf-Keramik-Gleitpaarungen.“
Das könne zum Beispiel ein verstärkter Abrieb und eine dadurch bedingte erhöhte Konzentration von Metallionen im Blut bei Metall-Gleitpaarungen oder das Brechen des Materials bei Keramiken sein. Wegen einer erhöhten Metallfreisetzung mussten zuletzt schon Produkte ausgetauscht werden. „Die anderen Gleitpaarungen haben jedoch ein höheres Bruchrisiko.“