Mediziner: Keuchhusten vermehrt auch bei Erwachsenen

Jena (dpa) - Von wegen Kinderkrankheit: Keuchhusten plagt in Deutschland auch immer mehr Erwachsene. Weil der Impfschutz nicht lange genug anhält, plädieren Fachleute für Auffrischungsimpfungen.

Der eigentlich als Kinderkrankheit bekannte Keuchhusten (Pertussis) breitet sich nach Beobachtungen von Ärzten zunehmend auch bei Erwachsenen aus. Verantwortlich dafür ist vor allem der nicht ausreichende Impfschutz, wie der Infektiologe Mathias Pletz vom Universitätsklinikum Jena in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa sagte. „Die Wirkung der Schutzimpfung hält nicht so lange wie gedacht an, maximal fünf bis zehn Jahre.“ Zudem schütze auch eine durchgemachte Infektion nicht lebenslang vor einer Neuerkrankung. In Ostdeutschland infizierten sich nach Daten des Robert Koch-Institutes (RKI) in diesem Jahr bereits 3037 Menschen mit dem Keuchhusten.

Im gesamten Jahr 2011 wurden in Ostdeutschland 4193 Keuchhustenfälle gemeldet - nur dort gilt eine Meldepflicht für die hoch ansteckende Erkrankung. In Thüringen (857; 2011: 767) und in Sachsen-Anhalt (443; 2011: 280) etwa wurden die Gesamtzahlen des Vorjahres bereits jetzt übertroffen. Selbst die gemeldeten Fälle dürften aber nur die Spitze des Eisbergs sein, schätzte Pletz ein. „Eine deutsche Studie mit 971 Patienten mit chronischem Husten ergab, dass jeder zehnte Keuchhusten hat. Bei Erwachsenen wird diese Diagnose also häufig übersehen.“ Typische Pertussis-Symptome bei Erwachsenen seien teils monatelange quälende Hustenattacken, teilweise mit Würgen und Erbrechen. Atemstillstände wie bei erkrankten Säuglingen kämen bei Erwachsenen meist nicht vor.

Keuchhusten ist im Volksmund auch als Stockhusten bekannt. Hausärzte ordneten die Symptome bei Erwachsenen oft fälschlicherweise anderen Krankheiten wie Asthma oder auch chronischer Bronchitis zu, sagte der Experte. „Keuchhusten ist bei vielen einfach nicht mehr auf dem Schirm.“ Zudem seien die verursachenden Bakterien (Bordetellen) nur in der Frühphase der Erkrankung direkt nachweisbar. „Weil Keuchhusten aber wie eine normale Erkältung beginnt, wird das meist gar nicht getestet.“ Meist werde die Diagnose erst um Wochen verzögert durch einen Antikörper-Nachweis gestellt. Deswegen sei auch die Therapie schwierig. „Antibiotika bringen nur in der Anfangsphase etwas.“

An Keuchhusten erkrankte Erwachsene seien für ungeimpfte Kleinkinder, vor allem für Babys, ein hohes Risiko, warnte Pletz. „Auch in hoch entwickelten Industrieländern sterben immer wieder Säuglinge an Pertussis.“ Wichtig seien deshalb die Schutzimpfungen im Kleinkind- und im Vorschulalter, aber auch die rechtzeitige Auffrischung des Impfschutzes von allen Kontaktpersonen eines Säuglings, vor allem von Eltern, Geschwistern und Großeltern.