Mehr Krebsfälle durch demografischen Wandel
Berlin (dpa) - Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht: In Deutschland sind die Überlebensraten bei Krebs deutlich gestiegen. Aber in der alternden Gesellschaft erkranken auch mehr Menschen als früher.
In Deutschland sind nach einer Prognose des Berliner Robert Koch-Instituts mehr Menschen neu an Krebs erkrankt als in den Vorjahren. Die Schätzung für 2012 liegt bei 486 200 neuen Patienten. Das sind rund 16 400 mehr als im Jahr 2008, für das die jüngsten verlässlichen bundesweiten Krebsdaten vorliegen. Grund für diese Entwicklung ist nach Einschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) vor allem die alternde Gesellschaft. Das mittlere Erkrankungsalter für Krebs liege für Frauen bei 68 und für Männer bei 69 Jahren, teilte das Zentrum anlässlich des Weltkrebstags (4. Februar) mit.
Obwohl die Zahl der Erkrankungen mit dem demografischen Wandel zunimmt, sterben dank Früherkennung und besserer Therapien aber deutlich weniger Menschen an Krebs. Innerhalb von 60 Jahren sei die Lebenserwartung von Frauen um mehr als 14 Jahre und die der Männer um mehr als 13 Jahre gestiegen, berichtete das DKFZ. Nach einer Analyse des Robert Koch-Instituts sind in Deutschland noch immer rund ein Viertel aller Sterbefälle auf bösartige Tumore zurückzuführen.
Dennoch gehen Krebsforscher davon aus, dass heute mehr als die Hälfte der krebskranken Menschen in der Bundesrepublik auf Heilung hoffen kann. Vor 30 Jahren sei es nur ein knappes Drittel gewesen, errechnete die Berliner Charité. Die Krankheit trifft aber nicht nur Senioren. Vor allem Hoden- und Gebärmutterhalskrebs haben ihre Spitze im jüngeren oder mittleren Lebensalter.
In Deutschland leben heute knapp 1,5 Millionen Menschen bereits fünf Jahre oder länger mit der Krankheit. Bei Frauen ist Brustkrebs mit einem Drittel der Fälle die häufigste Krebsart, bei Männern ist es Prostatakrebs mit einem Anteil von etwa 25 Prozent. Auf Platz zwei liegt bei beiden Geschlechtern Darmkrebs und auf Platz drei Lungenkrebs. „Wir können den Krebs im fortgeschrittenen Stadium zwar meist nicht heilen, aber wir können ihn dank der Kombination vieler Verfahren sehr häufig zu einer chronischen Langzeiterkrankung machen“, sagte Peter Michael Schlag, Krebsspezialist an der Charité.
Je früher eine Krebserkrankung entdeckt werde, desto höher seien die Heilungschancen, ergänzte Ulrike Helbig von der Deutschen Krebsgesellschaft. Die Erfolge bei der Früherkennung seien jedoch sehr unterschiedlich, weil sie freiwillig sei. Nach Angaben der Charité ist es gelungen, die Sterberate bei Gebärmutterhalskrebs seit dem Start der Vorsorge Anfang der 1980er Jahre zu halbieren.
Bei Darmkrebs könnten sich sogar rund 90 Prozent aller Krebsfälle durch Vorsorge vermeiden lassen - aber nur 20 Prozent der berechtigten Versicherten gehen auch hin. Vor allem Männer sind Vorsorge-Muffel. Das Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs nutzen nach dem jüngsten Bericht knapp die Hälfte der eingeladenen Frauen zwischen 50 und 69.
Problematisch bleiben Krebsarten, für die es bisher keine zuverlässige Früherkennung und auch keine ausreichend effektiven Therapien gibt. Dazu zählen Bauchspeicheldrüsen-, Lungen- und Eierstockkrebs.
Gesundheitsforscher betonen, dass jeder selbst dazu beitragen kann, seine Anfälligkeit für Krebs zu verringern. Zu den großen Risikofaktoren zählten Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und Übergewicht. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass bis zu einem Drittel der häufigsten Krebsarten durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden könnte. Das gilt auch im Alter: So profitieren auch ältere Raucher nach Angaben des Krebsforschungszentrums noch, wenn sie aufhören.