Mutanten und Preiskrieger im Obstregal

Berlin (dpa) - Für Obst und Gemüse müssen die Deutschen heute deutlich mehr ausgeben als früher. Doch was sie für ihr Geld bekommen, macht manchmal nicht gerade Lust auf gesunden Genuss. Doch das soll sich ändern.

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Die Bananen grasgrün, Tomaten fest wie Tennisbälle und die eingeschweißten Pilze angeschimmelt - Obst und Gemüse einzukaufen, hat mancherorts nicht viel mit Genuss zu tun. Zählen die Deutschen deshalb zu den Obstmuffeln Europas? Der Handel jedenfalls denkt um. Zur Fachmesse Fruit Logistica (5. bis 7. Februar), dem Branchentreffen in Berlin, kündigen führende Vertreter eine Qualitätsoffensive an. Denn die Kunden erwarten mehr vom grünen Sortiment - schließlich mussten sie für Obst und Gemüse zuletzt deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Hans-Jürgen Kirsch heißt der Mann, der das Segment bei der Handelkette Globus verantwortet. Er schwärmt von der „Explosion von Geschmack, Farben, Feeling und Gerüchen“. Doch Kirsch bekennt, dass das im Laden oft nicht rüberkommt. „Irgendwie haben wir alle den Glauben an die Wertschätzung für dieses Produkt verloren.“ Bis zuletzt sei es oft nur darum gegangen, den besten Preis zu erzielen - auch wenn der zuletzt wegen er weltweit wachsenden Nachfrage deutlich anstieg.

„Da lag Ware rum, die gehörte überall hin, am besten noch zwei Wochen an den Strauch - aber nicht in den Laden“, gibt Kirsch zu. „Da haben wir alle Mitschuld.“ Auch Günter Schweinsberg, Chef des Messebeirats, warnt: „Dahinter steht ein erbitterter Preiskampf der großen Handelsgruppen. Es ist eine sehr schlüpfrige Bahn, auf die wir uns begeben haben.“

650 Gramm Obst und Gemüse pro Kopf und Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung; die Bundesbürger essen nur gut halb soviel und liegen EU-weit im unteren Mittelfeld - allen Kampagnen für mehr Obst und allen Ärzte-Mahnungen zum Trotz. Wie also mehr Lust auf Obst und Gemüse machen? „Wir müssen wieder den bedingungslosen Weg zu Qualität und Geschmack finden“, meint Globus-Manager Kirsch. „Der Kunde will keinen durchgestrichenen Preis mehr.“

Den Preiskampf beim Obst hat der Weltmarkt ohnehin erschwert. Global wächst die Nachfrage, weil es die Menschen in Schwellenländern in die Städte zieht, wo sie ihr Obst nicht mehr selbst anbauen können. Schiffe mit Äpfeln aus Neuseeland, die sonst bis Europa fuhren, werden ihre Ware zunehmend schon in asiatische Häfen los, wie Andreas Brügger erklärt, Geschäftsführer des Deutschen Fruchthandelsverbands. Deutschland bleibe aber vom Import abhängig, beim Obst zu 80 Prozent, bei Gemüse zu 40 Prozent.

Kirsch kann deshalb auch einer Rückbesinnung auf alte Obstsorten viel abgewinnen. „Muss man die 95. Sorte haben? Braucht man den 100. Mutanten? Man muss nicht jedem Trend hinterherrennen.“

Diese neue Nüchternheit zeigt sich auch auf der Fruit Logistica. Ins Rennen um den Innovationspreis der Branche gingen in den Vorjahren lila Brokkoli, getigerte Aprikosen, kunterbunte Kohl-Kreuzungen und Kiwis mit essbarer Schale. Dieses Jahr kommt die einzige Neuzüchtung aus Japan - ein Blumenkohl mit verkleinerten Röschen.