Neuer Gentest entlarvt Schummelei beim Marzipan

Lübeck (dpa) - Vertrauen ist gut, Kontrolle besser. Forscher haben einen Gentest entwickelt, der unerlaubte Zutaten im Marzipan aufspüren soll. In Lübeck, Deutschlands „Marzipanhauptstadt“, haben die Hersteller aber ein gutes Gewissen.

Mandeln, Zucker, Rosenwasser - nur diese Zutaten gehören ins Marzipan. Wissenschaftler der Universität Hamburg haben jetzt einen Gentest entwickelt, der Schummeleien bei den Zutaten entlarven soll. Das neuartige Verfahren könne schon kleinste Spuren von Aprikosen- oder Pfirsichkernen nachweisen, die bei der Herstellung der Rohmasse als billiger Ersatz für die teuren Mandeln verwendet worden seien, berichten die Wissenschaftler im „Journal of Agricultural and Food Chemistry“.

Nach dem Deutschen Lebensmittelbuch muss Marzipanrohmasse aus blanchierten, geschälten Mandeln hergestellt werden. Kommen stattdessen Aprikosen- oder Pfirsichkerne zum Einsatz, muss das Produkt als Persipan bezeichnet werden. Vielleicht dachte Thomas Mann an dieses Produkt, als er Marzipan als „üppige Magenbelastung“ beschrieb. Denn Persipan darf deutlich mehr Zucker enthalten, als Marzipan. „Auch wenn man das oft nicht schmeckt, denn Aprikosenkerne enthalten Bitterstoffe, die den Zucker überlagern“, sagte der Exportmanager der Firma Niederegger, Willi Meier.

Das Lübecker Familienunternehmen ist eines von fünf Marzipanherstellern in der Hansestadt. Um 1900 gab es noch 29 „Marcipan-Fabrikanten“ in Lübeck, um 1800 sollen sich 135 Konditoren in der Stadt der Herstellung dieser Süßigkeit gewidmet und dadurch den Ruf Lübecks als Marzipanstadt begründet haben.

Der neu entwickelte Test, der nach Angaben der Wissenschaftler Marzipan-Schummeleien entlarven soll, beruht auf einer Polymerase-Kettenreaktion. Dazu wurden Testsonden mit genetische Sequenzen von Mandeln, Pfirsichen, Erbsen, Lupinen und anderen Pflanzen hergestellt. Findet die Sonde in der Probe die passende DNA, wird sie millionenfach vervielfältigt und ist dadurch leicht nachzuweisen. In den Tests konnten die Forscher nach eigenen Angaben Verunreinigungen von etwa einem Prozent nachweisen. Bei den bisher gebräuchlichen chemischen Nachweisverfahren sei das erst ab einer Menge von mindestens fünf Prozent möglich gewesen, schreiben sie.

„Persipan wird hauptsächlich für Backwaren, wie zum Beispiel Plundergebäck, aber auch für Dominosteine verwendet“, sagte der Marketingleiter der Lübecker „Marzipanfabrik von Minden und Bruhns“, Andreas Bäder. Das Unternehmen stellt neben Marzipanrohmasse für Konditoren und die Süßwarenindustrie auch Persipanrohmasse her, die nach Angaben Bäders einen höheren Feuchtigkeitsgehalt als Marzipan aufweist. „Wir exportieren Persipan auch in größerem Umfang nach Skandinavien“, sagte er.

Auch wenn Persipan in der Herstellung billiger sei als Marzipan, hält Bäder Marzipan-Panscherei für relativ unwahrscheinlich. „Ich glaube nicht, dass ein Hersteller für ein paar Cent Ersparnis seinen guten Ruf aufs Spiel setzt“, sagte er. Auch Meier glaubt an die Ehrlichkeit der Unternehmen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wissentlich Marzipan falsch deklariert.“