Schadhaftes Hüftgelenk: Wo Betroffene Hilfe bekommen
New Brunswick (dpa/tmn) - Wenn das Hüftgelenk extrem verschlissen ist und jeder Schritt wehtut, hilft häufig nur noch künstlicher Ersatz. Doch nicht alle Prothesen funktionieren gleich gut, wie ein aktueller Fall zeigt.
Worauf Betroffene achten müssen.
Welche Probleme sind aufgetreten?
Der Hersteller DePuy - eine Tochterfirma des Pharmakonzerns Johnson & Johnson - hat eines seiner Gelenke vom Markt genommen, wie der „Spiegel“ berichtet. Zurückgerufen wurde das ASR-Hüftsystem. Dabei handelt es sich um eine spezielle Form des Hüftgelenkersatzes, eine sogenannte Kappenprothese.
Was ist an diesen Prothesen anders?
Im Gegensatz zu anderen Implantaten sind die Gleitflächen bei Kappenprothesen aus Metall - also der kugelförmige Ersatz des Oberschenkelknochen-Kopfs und die künstliche Hüftgelenkspfanne im Becken. Außerdem wird die Prothese auf der Oberschenkelseite in Form einer Kappe auf den Knochen gesetzt. „Normalerweise wird dieser Teil über einen Schaft im Mark des Oberschenkelknochens verankert“, erklärt Professor Joachim Hassenpflug, Leiter des Deutschen Endoprothesenregisters.
Wer hat die Prothesen bekommen?
Nach Angaben von DePuy wurden etwa 5000 ASR-Systeme nach Deutschland geliefert. Die Implantate sind im Juli 2003 auf den Markt gekommen. Wer vor 2003 operiert wurde, kann also kein ASR-Gelenk haben.
Wieso wurden die Implantate zurückgerufen?
Daten aus Großbritannien und Australien haben gezeigt, dass Patienten mit einem ASR-Gelenk häufiger als andere erneut operiert werden mussten. Betroffen waren besonders Frauen. Dem National Joint Registry England and Wales zufolge mussten bei rund jedem achten Patienten (12 Prozent) mit ASR-Gelenk das Implantat fünf Jahre nach dem Einsetzen ausgetauscht werden. Beim dortigen Marktführer für Kappenprothesen lag diese Rate bei 4,3 Prozent, bei konventionellen Prothesen im Schnitt sogar bei unter 3 Prozent.
Wann müssen die Prothesen ausgetauscht werden?
Dafür kann es verschiedene Ursachen geben, etwa die Lockerung der Prothese oder ein Knochenbruch um das Implantat. Außerdem kann es sein, dass die beiden Prothesenteile nicht mehr richtig ineinander gleiten. Dadurch kann es zu einem verstärkten Abrieb und einer erhöhten Konzentration von Metallionen kommen, was schädlich für das Gewebe in der Nähe der Prothese sein kann. „Selten können sich auch Pseudotumore bilden“, erklärt Jan Philippe Kretzer, Leiter des Labors für Biomechanik und Implantatforschung in Heidelberg. Diese seien nicht bösartig, können jedoch sehr schmerzhaft sein.
Wie erkenne ich meinen Prothesentyp?
Wer nach der Operation einen Prothesenpass erhalten hat, findet dort Angaben zum Typ des Implantats. Ansonsten weiß das Krankenhaus, der Operateur und der behandelnde Arzt, welches Gelenk eingesetzt wurde.
Ich habe ein ASR-Implantat - wer hilft mir weiter?
Der behandelnde Arzt. Er kann in verschiedenen Untersuchungen feststellen, ob das Gelenk richtig funktioniert oder ob es Probleme bereitet und ersetzt werden muss. Das ist jedoch nicht immer der Fall: „Es gibt auch viele Patienten, die mit diesen Prothesen gut leben“, sagt Kretzer. Langanhaltende Beschwerden wie Schmerzen und Probleme beim Laufen können nach Angaben von DePuy Zeichen möglicher Komplikationen sein.
Wer übernimmt die Kosten für die Behandlung?
DePuy gibt an, die Kosten für die Untersuchung und Behandlung in Verbindung mit dem Rückruf in „angemessener und üblicher Höhe“ zu übernehmen. Das schließt auch die Kosten mit ein, die beim Ersetzen eines schadhaften Gelenks entstehen. Allerdings ist die Kostenerstattung zeitlich begrenzt. Für betroffene Patienten hat das Unternehmen eine gebührenfreie Hotline eingerichtet (Telefon 0800 5892612).
Gibt es solche Probleme auch bei anderen Prothesen?
In Deutschland befindet sich das Endoprothesenregister noch im Aufbau. Es gibt daher kaum Zahlen dazu, welche Hüftgelenksimplantate bei welchem Patienten was für Beschwerden bereiten können. Hassenpflug zufolge ist jedoch bekannt: „Kappenprothesen haben eine erhöhte Anfälligkeit im Vergleich zu den anderen Prothesen.“