Sport als Mittel gegen Volkskrankheiten

Berlin (dpa) - Es gibt eine ganze Reihe von Leistungssportlern, die mit eisernem Willen gegen den Krebs oder andere schwere Krankheiten angekämpft haben und zurück an die Spitze kamen. Bekannte Beispiele sind der US-Radfahrer Lance Armstrong oder der ehemalige Fußballprofi Heiko Herrlich.

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Daniel Engelbrecht, ein herzkranker, 24 Jahre junger Stürmer des Drittligisten Stuttgarter Kickers, spielt seit 2014 mit einem aufgesetzten Defibrillator. „Für mich war das Training die beste Therapie, die es gibt“, sagte Engelbrecht. „Ich konnte alles andere vergessen. Auch in der Reha hat mir der Sport geholfen, wieder der Alte zu werden, der ich einmal war. Er hilft mir noch heute, im Kopf klar zu bleiben.“

Ob „Sport als Therapie“ nicht nur bei Spitzensportlern mit eisernem Willen funktionieren kann, sondern „alltagstauglich“ ist, untersucht eine Langzeitstudie der Techniker Krankenkasse (TK). Unter Leitung des Münchner Sportmediziners Martin Halle werden Programme für Herz-Kreislauf-Erkrankte und Diabetiker mit einem Durchschnittsalter von 65 Jahren entwickelt. Ende des Jahres sollen auch Krebspatienten einbezogen werden.

Die zu Übergewicht neigenden Patienten nehmen während des sechsmonatigem Trainings ordentlich ab. Auch Cholesterin- und Blutzuckerwerte wurden besser. Der Körper kann danach mehr Sauerstoff aufnehmen. Die Leistungsfähigkeit sei deutlich gestiegen. Halle trainiert die Patienten in drei Stufen: In der ersten Phase komme es nur auf Ausdauer an, bei niedriger Belastung. In der zweiten Phase wird die Intensität des Trainings deutlich gesteigert, mit spürbarer Belastung der Muskulatur. In der dritten Phase kommt Krafttraining hinzu - allerdings immer unter ärztlicher Aufsicht.

Bei insulinpflichtigen Patienten konnte dadurch der Verbrauch an Insulin deutlich reduziert werden, erläuterte Halle das Zwischenergebnis der Studie. An dieser Stelle setzt ein weiteres Interesse der Krankenkasse ein. Denn die Volkskrankheiten Herz-Kreislauf und Diabetes kommen das Gesundheitssystem teuer zu stehen. Die Ausgaben für Medikamente stiegen seit Jahren stark und ein Ende sei nicht abzusehen, sagte TK-Chef Jens Baas.

Dass Sport - auch für schwer Kranke - gesund ist, ist nichts Neues. Mit „Sport als Therapie“ sei aber die Hoffnung verbunden, einen bei Millionen von Menschen zu Übergewicht und in Folge dessen zu Zivilisationskrankheiten führenden Lebensstil umkehren zu können. Dies sei gerade bei diejenigen kranken Menschen sehr schwer, die bisher keinen oder kaum Sport getrieben haben. Die Kassen müssten sie aktiv ansprechen, damit sie den inneren Schweinehund überwinden.

Die Kasse habe bei der Studie also das Wohlergehen der Patienten ebenso im Blick wie den Kostendämpfungseffekt im Gesundheitssystem. Allerdings würden die Kassen nach derzeitiger Gesetzeslage für ihre Bemühungen bestraft, dass Menschen gesund werden. Wenn etwa Diabetiker kein Insulin mehr bräuchten, aber weiter behandelt werden müssten, werde der Kasse ein wesentlicher Teil der Zuweisung für diesen Patienten gestrichen. Ein solches Anreizsystem sei „pervers“, kritisiert TK-Chef Baas.

Grundsätzlich sei es auch zu begrüßen, dass der Gesetzgeber mehr Geld für Prävention ausgeben wolle, sagte Bass. Er warne aber davor zu meinen, das für dieses Jahr geplante Präventionsgesetz bringe kurzfristig Einsparungen im System.