Wassertreten für Profis - Aqua-Fitness ist mehr als Planschen
Potsdam (dpa/tmn) - Wassergymnastik galt lange als dröge Freizeitbeschäftigung älterer Damen. Das hat sich radikal geändert: Immer mehr Sportarten wie Jogging, Zumba oder Boxen gibt es jetzt auch im nassen Element.
Früher war es einfach Wassergymnastik, heute heißt es Aqua-Power, Aqua-Fun oder Aqua-Fit, Aquajogging, -boxing oder -zumba: Immer mehr Anbieter von Sport- und Wellnesskursen entdecken das nasse Element für sich. „Es gibt eine Vielzahl an modern klingenden Begriffen in dem Bereich“, sagt Janet Höhne, Bewegungswissenschaftlerin von Universität Potsdam und Vorsitzende Aqua-Fitness-Verbandes Deutschland. „Vieles, was an Land gemacht wird, haben die Anbieter ins Wasser übertragen. Aber nicht alles lässt sich einfach so ins Wasser transportieren.“
Denn manche Übungen müssen angepasst werden, damit es vernünftig ist, sie im Pool zu machen. Wenig Sinn habe es zum Beispiel, im brusttiefen Nass stehend mit Hanteln über dem Wasser zu arbeiten, erläutert Wolfgang Lehmann vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) in Kassel. Grundsätzlich gelte: „Das Wasser um mich herum ist ein einziges Fitnessgerät.“
Richtig konzipiert und absolviert bietet sich Aqua-Fitness zur Prävention von Erkrankungen, zur Rehabilitation und als Fitnesstraining an. „Es optimiert immer das Herz-Kreislaufsystem und ist gut für den Stoffwechsel“, betont Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Physiotherapeuten (IFK).
Der Wissenschaftlerin zufolge schont der Auftrieb die Gelenke, denn im Wasser schleppe ein Mensch gewissermaßen nur noch zehn Prozent seines Körpergewichts selbst. Zugleich lassen sich Muskelkraft und Ausdauer fördern. Denn durch den Wasserwiderstand sei je nach Geschwindigkeit vier- bis zwölfmal mehr Kraft nötig als an Land, sagt sie.
Besonders Übergewichtigen bietet Aqua-Fitness einen guten Einstieg in körperliche Aktivität: Ihnen gelingen im Wasser Übungen, die an Land zu anstrengend wären, weil das Wasser ihr Gewicht trägt, erläutert Repschläger. Sport im Pool sei sogar effektiver als anderes Ausdauertraining, weil die Wärmeleitfähigkeit des Wassers den Kalorienverbrauch ankurbele: Demnach verbraucht der Körper im Wasser rund 400 Kalorien pro halbe Stunde, weil er seinen Stoffwechsel erhöht, um bei einer Wassertemperatur zwischen 28 und 31 Grad nicht auszukühlen. Beim Joggen an Land sind es in derselben Zeit nur etwa 300 Kalorien.
Aqua-Training lässt sich vielfältig einsetzen. Die Ausdauer stärkt man zum Beispiel mit Joggen durch den Pool. Wer entspannen und regenerieren will, kann unter Wasser Dehnübungen machen, wie er sie sonst an Land macht: etwa ein Bein nach hinten anwinkeln und die Ferse Richtung Gesäß ziehen. „Dabei muss der Körper keine Haltearbeit leisten, weil er vom Wasser getragen wird“, erläutert Repschläger. „Außerdem sind die Muskeln gut durchblutet.“ Verspannte Brustmuskeln lassen sich lockern und mobilisieren, indem die Arme gegen den Wasserwiderstand unter der Wasser vor- und zurückgeschwungen werden.
Ältere Menschen können mit einem Auftriebsgürtel ihre Koordination trainieren, indem sie ohne Angst vor dem Hinfallen Ausfallschritte oder das Stehen auf einem Bein üben. Das beuge Stürzen an Land vor, erläutert Lehmann.
Nur wenige Vorerkrankungen sprechen gegen das Aqua-Training: ein nicht lang zurückliegender Herzinfarkt oder ein akuter Bandscheibenvorfall etwa. Auch bei bestimmten neurologischen Erkrankungen ist es nicht geeignet. Am besten fragen Interessierte ihren behandelnden Arzt. Auf jeden Fall sollten sie auch den Trainer informieren, damit dieser gegebenenfalls Übungen anpassen kann.