Visitenkarte für den Arztbesuch
Das Für und Wider der elektronischen Gesundheitskarte. Gegner fordern ihre Abschaffung.
Düsseldorf. Seitdem 2003 beschlossen wurde, dass es künftig eine elektronische Gesundheitskarte geben wird, liefern sich Befürworter und Gegner einen heftigen Schlagabtausch. Hier die wichtigsten Fakten für den Patienten:
Erst einmal ändert sich im Vergleich zu der alten Krankenkassenkarte nicht viel. Es werden, wie auch zuvor, Daten, wie Adresse, Geburtsdatum und Geschlecht gespeichert. Zudem ist die neue Karte mit einem Lichtbild ausgestattet. Künftig sollen dort aber auch andere Dinge gespeichert werden, wie Notfalldaten, chronische Krankheiten oder Allergien. Zudem können dort auch zusätzliche Gesundheitsinformationen wie aktuelle Diagnosen abgelegt werden. Dies ist aber freiwillig. Wann das umgesetzt werden soll, ist unklar.
Nächster Schritt soll sein, dass der Arzt anhand der Karte einmal im Quartal die Aktualität der Versicherungsdaten prüfen muss. „Die Ärzteschaft hat sich aber einstimmig gegen diesen Online-Stammdaten-Abgleich ausgesprochen“, so Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. „Die Ärzte wollen keine Außenstellen der Kassen, sondern weiter unabhängig sein“, ergänzt die Allgemeinmedizinerin Silke Lüder, Sprecherin des Bündnisses „Stoppt die e-Card!“
Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Das Bundesgesundheitsministerium sagt dazu: Der Zugriff auf die Daten ist nur zum Zwecke der Versorgung erlaubt. Nur berechtigte Leistungserbringer, wie Ärzte oder Zahnärzte, haben Zugriff auf die Daten. Dritte, wie Versicherungen, haben keinen Zugriff. Missbrauch ist strafbar. Sensible Gesundheitsinformationen werden verschlüsselt und so gegen unberechtigten Zugriff geschützt. Die Gegner sagen, dass es unmöglich ist, Daten hundertprozentig zu schützen. „Gerade medizinische Daten sind besonders sensibel und sollten deshalb nicht zentral gespeichert werden. Der aktuelle Skandal hat doch gezeigt, dass man alles knacken kann“, so Lüder. Man müsse eine dezentrale Datenspeicherungs-Lösung finden.
Die Gesamtkosten für die neue Karte lassen sich noch nicht beziffern. Einzelposten schon: Die Anschaffung und Installation der Lesegeräte in den Arztpraxen bezahlen die Krankenkassen. Die Ausstattung kostet rund 136 Millionen Euro.
Die Aufwendungen für die Belieferungen der Krankenhäuser werden mit 20 Millionen Euro beziffert. Die Herstellung einer Karte kostet etwa zwei Euro. Das bedeutet, dass die komplette Neuausstattung aller Versicherten mit etwa 139 Millionen Euro zu Buche schlägt. An die Gematik, die Gesellschaft, die die Karte entwickelt hat, haben die Kassen bislang rund 107 Millionen Euro als Kosten in ihrem gemeinsamen Haushalt veranschlagt.
Jein, grundsätzlich ist die Krankenversicherungskarte und auch der Nachfolger, die elektronische Karte Pflicht. Das ist im Sozialgesetzbuch in den Paragrafen 291 und 291 a verankert. Dort steht auch, dass sie mit einem Lichtbild ausgestattet sein muss. Deshalb sei der Versicherte, so die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), verpflichtet, ein Bild zur Verfügung zu stellen. Laut dem Berliner Rechtsanwalt Marksen Ouahes, Experte für Medizinrecht, besteht „grundsätzlich keine Mitwirkungspflicht des Versicherten dahingehend, der Versicherung ein Foto von sich zur Verfügung zu stellen.“ Die Beschaffung sei allein Aufgabe der Versicherung.
Es ist erst einmal davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Ärzte die Patienten auch mit ihrer alten Karte — so lange diese laut Datum gültig ist — behandeln. Denn bis zum Ablaufdatum kann der Mediziner mit der Karte Leistungen abrechnen. Ist sie abgelaufen, kann der Patient innerhalb von zehn Tagen einen Versicherungsnachweis, den er bei seiner Kasse bekommt, nachreichen. Schafft er dies nicht in der angegebenen Zeit, wird ihm eine Rechnung ausgestellt. Der Arzt kann aber den höheren Satz für Privatversicherte fordern. Wenn der Patient jedoch bis zum Ende des Quartals seinen Versicherungsnachweis abgibt, kann die Rechnung gemindert werden, und er kann sie bei seiner Kasse einreichen.