Viele Infizierte ahnungslos WHO mahnt zur Hepatitis B-Impfung für Neugeborene weltweit

Genf (dpa) - Angesichts der weltweiten Hepatitis-Epidemie drängt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darauf, in allen Ländern der Welt schon Neugeborene in den ersten Lebensstunden gegen die Leberentzündung vom Typ B zu impfen.

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Auch in wohlhabenderen Ländern steige die Zahl der Fälle, etwa durch Migration, sagte Marc Bulterys, Teamleiter des WHO-Hepatitis-Programms, anlässlich des Welt-Hepatitis-Tages an diesem Freitag in Genf. Hepatitis, auch Gelbsucht genannt, kann zu Krebs führen. Die WHO sieht gute Fortschritte, neue Infektionen bis 2030 um 90 Prozent und die Zahl der Todesfälle um 65 Prozent zu reduzieren.

Die WHO hat die Hepatitis-B-Impfung in den ersten 24 Stunden nach der Geburt 2009 erstmals empfohlen. Länder mit relativ wenigen Fällen hätten dies aber nicht umgesetzt, sagte Bulterys. Nach Auswertung neuer Studien habe die WHO die Empfehlung Anfang Juli aber nun für alle Länder ohne Ausnahme erneuert.

In Deutschland ist die Hepatitis-B-Impfung nach Angaben des Robert Koch-Instituts Bestandteil des Impfprogramms für Säuglinge und Kleinkinder und wird im Alter von zwei Monaten empfohlen. Nur Babys von Müttern mit chronischer Hepatitis B oder unbekanntem Hepatitis-B-Status sollen direkt nach der Geburt geimpft werden.

Weltweit waren 2015 nach WHO-Schätzungen 71 Millionen Menschen mit Hepatitis C und 257 Millionen mit Hepatitis B infiziert, den beiden bedeutendsten der fünf Hepatitis-Typen. 1,3 Millionen Menschen starben durch die Infektionen, etwa so viele, wie durch Tuberkulose umkamen. Weniger als zehn Prozent der Infizierten wüssten aber überhaupt von ihrer Krankheit.

Die WHO empfiehlt deshalb stärkere Routine-Diagnoseprogramme. „Es gibt keinen Grund, warum Millionen von Menschen noch nicht getestet sind und deshalb die Medikamente nicht bekommen, die sie so dringend benötigen“, sagte der Direktor der für HIV und Hepatitis zuständigen Abteilung, Gottfried Hirnschall.

Rund 70 Prozent der Hepatitis-Kranken leben nach WHO-Angaben in 28 Ländern, darunter China, Indien, Südafrika und Brasilien. 89 Prozent der Länder hätten den Kampf gegen die Hepatitis inzwischen zur Priorität gemacht. 30 Prozent der Infektionen passieren durch falschen Spritzengebrauch.

Gegen Hepatitis C gebe es seit vier Jahren gute Medikamente, die 95 Prozent der Patienten mit einer Dreimonatsbehandlung heilen können. Der Preis eines Generikaprodukts des indischen Herstellers Mylan mit WHO-Qualitätsstempel sei drastisch gesunken. Arme Länder hätten mit dem Hersteller Preise von rund 230 Euro für das Dreimonatsrezept ausgehandelt, sagte Bulterys. In wohlhabenden Ländern seien die Medikamente teurer. Die WHO rechnet mit der Zulassung mehrerer weiterer Medikamente in naher Zukunft.

Die Organisation Ärzte der Welt forderte von der Bundesregierung und den Krankenversicherungen, schärfer gegen „Wucherpreise“ bei den lebensrettenden Medikamenten vorzugehen. Durch das faktische Monopol eines Pharmakonzerns koste eine Therapie in Deutschland rund 43 600 Euro. Die Organisation habe bereits Einsprüche beim Europäischen Patentamt eingelegt, um Generika zu ermöglichen.

Bei Hepatitis B brauchen Patienten laut WHO lebenslang Medikamente. Hier hätten manche Länder mit den Herstellern Preise von nur noch rund 40 Euro für die Behandlung pro Patient pro Jahr ausgehandelt.

In Deutschland nehmen die registrierten Fälle von Hepatitis E zu. Wurden 2014 laut Bundesinstitut für Risikobewertung 670 Fälle gemeldet, waren es 2015 bereits 1246 Fälle. Die Ursachen seien unbekannt. Hepatitis E kann etwa durch Schweinefleisch übertragen werden und ist für die meisten Menschen ungefährlich, für Immungeschwächte und Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel aber lebensbedrohlich.