„Zappes-Diplom“: Die Kunst des Kölschzapfens

Köln (dpa) - Ist doch einfach, ein kleines Gläschen Kölsch zu zapfen? Von wegen, sagt Sascha Moll. In mehrstündigen Kursen bringt der Experte die Kunst des perfekten Kölschs unter die Leute - und ja, sagt er, auch an die aus der „verbotenen Stadt“ Düsseldorf.

Sascha Moll legt die linke Hand auf ein Pittermännchen, ein kleines Bierfass, und grinst zufrieden. „So“, sagt er und schaut in die Runde. „Ich bin euer Lehrgangsleiter für das Flüssige.“ Vier Männer und eine Frau kichern kurz und blicken ihn sofort wieder erwartungsvoll an. „Ich will euch die Bierkultur nahebringen, also die Kölschkultur.“ In den kommenden drei Stunden sollen seine Schüler die Kunst des Kölschzapfens lernen. Gleich zu Anfang stellt Sascha Moll klar: „Das kann schwierig sein, man kann sehr viele Fehler machen.“

Das Ziel: „Ein gepflegtes Kölsch an den Mann zu bringen und kein sogenanntes Fastelovend-Bier mit fast nur Schaum.“ Ganz nebenbei lernen die Kursteilnehmer auch die passenden rheinischen Fachbegriffe: zum Beispiel, dass Fastelovend das urrheinische Wort für Karneval ist - oder dass ein Roggenbrötchen mit Käse im Rheinland „halver Hahn“ heißt. Und ohne „halven Hahn“ brauche man mit dem Kölschtrinken eigentlich gar nicht erst anzufangen, sagt Moll und beißt kräftig zu.

Am Ende des Abends sollen die fünf Kölsch-Lehrlinge ein „Zappes-Diplom“ bekommen - auch so ein rheinischer Fachbegriff, den Moll sicherheitshalber erst erklärt, schließlich ist heute auch ein Engländer mit im Kurs. „Der Zappes zapft das Kölsch, der Köbes bringt es an den Tisch.“ Sascha Moll ist eigentlich Köbes, seit vielen Jahren schon in großen Kölner Brauhäusern. Aber zapfen kann der 40-Jährige auch - und vor allem gut erklären. Deswegen hat sein Chef ihn vor etwa einem Jahr zum Zappes-Diplom-Ausbilder gemacht.

Das Ganze soll natürlich auch Werbung sein für ein großes Kölner Brauhaus, in dessen Keller der Kurs abläuft. 19 Euro hat jeder Teilnehmer gezahlt. Dafür dürfen die Auszubildenden bei Käse- oder Mettbrötchen und beim Kölsch nach Belieben zulangen. „Quer durch die Bank“, sitzen sie alle paar Wochen in seinen Kursen, wie Moll sagt. Die meisten bekämen den Kurs-Gutschein geschenkt - als Gag. Philip Dudley zum Beispiel, der Engländer im Kurs, hat ihn von einem Freund bekommen, Fritz und Heta Murawa von ihren Kindern.

Die beiden kommen aus der ewigen Konkurrenzstadt Düsseldorf und werden von Moll deshalb grundsätzlich mit „unsere Damen und Herren aus der verbotenen Stadt“ angesprochen. „Uns schmeckt Kölsch aus Köln und Alt aus Düsseldorf - beides“, sagt Fritz Murawa. „Und wir trinken auch Alt aus Kölschgläsern“, unterbricht ihn Heta, „einfach weil es uns so gut schmeckt.“ Sascha Moll verzieht kurz das Gesicht.

Nächster Punkt auf dem Lehrplan: die Gläser. „Reagenzgläser sagt der Bayer dazu - aber der ist bekloppt. Ne Kölner Stange ist das.“ 0,2 Liter des obergärigen Bieres mit rund fünf Prozent Alkoholgehalt passen hinein, deutlich weniger als in den fünfmal so viel fassenden bayerischen Maßkrug. „Aber die Leute hier haben es eben gerne frisch - manche bestellen ja auch ein Stößchen, das hat nur 0,1.“

Hauptsache nicht spülen, warnt Moll eindringlich: „Nur heißes Wasser mit einem kleinen Schuss Essig, danach durch kaltes Wasser ziehen. Pril und Polieren machen das Kölschglas kaputt, da kannst du genauso gut Kölsch aus dem Altglas trinken.“ Streng blickt Moll dabei in Richtung der Dame aus der verbotenen Stadt.

Moll zapft einmal kurz an, schüttet das Glas wieder aus - „überflüssige Kohlensäure“ - und zieht es durch kaltes Wasser. „Sonst hätten wir nachher zu viel Schaum.“ Betont würdevoll setzt er das Glas schräg an den Hahn an und zapft. Jetzt dürfen sich alle daran probieren und werden währenddessen abgefragt. „Sonst gibt's kein Diplom“, mahnt Moll.

Nicht länger als sechs bis sieben Minuten dürfe man das Bier stehen lassen („Sünde hoch drei!“), denn dann kämen die Bitterstoffe schneller hoch. „Das heißt, man ist schneller besoffen“, sagt Moll. „Für einen Engländer“, Moll macht eine Pause und fixiert Philip Dudley, „ist das natürlich das Beste, was es gibt.“