Zustand kritisch: Schottin erneut wegen Ebola in Behandlung
London (dpa) - Neun Monate nach ihrer vermeintlichen Heilung von Ebola wird eine Schottin erneut wegen des tödlichen Virus behandelt. Wie das Londoner Royal Free Hospital mitteilte, ist die am vergangenen Freitag eingelieferte Krankenschwester in kritischem Zustand.
Die 39-Jährige werde auf der Isolierstation „wegen Ebola“ behandelt. Zunächst hatte es geheißen, die Patientin leide an einer „ungewöhnlichen späten Komplikation“ der Krankheit. Sie hatte sich Ende vergangenen Jahres bei einem Hilfseinsatz in Sierra Leone angesteckt.
Die Ebola-Erkrankung war damals erst nach der Rückkehr der Schottin nach Europa aufgefallen. Ende Januar entließ das Royal Free Hospital, das auf die Behandlung des Virus spezialisiert ist, die Frau als geheilt. Vergangene Woche verschlechterte sich ihr Zustand, am Freitag wurde sie mit einem Militärflugzeug aus Glasgow in die Londoner Klinik gebracht. Zu ihren Symptomen äußerte sich das Krankenhaus nicht.
Ihre Familie warf den Ärzten in Glasgow vor, sie hätten den erneuten Ausbruch der Krankheit zu spät erkannt. Das Risiko für die Öffentlichkeit ist britischen Gesundheitsbehörden zufolge gering. Derzeit werden knapp 60 Menschen, mit denen die Frau engen Kontakt hatte, regelmäßig von Ärzten untersucht.
Der Fall sei Neuland, sagte der Virologe Ben Neuman von der Universität Reading der BBC. Es könne sein, dass das Virus sich an einen Ort im Körper zurückgezogen habe, wo das Immunsystem ihm nichts anhaben könne, „und dass wir gerade im Grunde ein frustriertes Immunsystem sehen, das überreagiert und hauptsächlich einige der anderen Organe schädigt“. Wie Ebola nach einem solchen Rückfall aussehe, sei nicht bekannt.
Im Frühjahr war auch bei einem Arzt in den USA, der als geheilt gegolten hatte, das Ebola-Virus wieder aktiv geworden. Er war zwei Monate nach seiner Entlassung wieder ins Krankenhaus gekommen und litt unter einer Sehschwäche, starken Schmerzen und rasch steigendem Druck im linken Auge, wie unter anderem die „New York Times“ berichtete. Das Virus hatte sich demnach in sein Auge zurückgezogen.
Den Marburger Mediziner Hans-Dieter Klenk, Experte der Gesellschaft für Virologie, wundern diese Fälle nicht. „Dass sich das Virus in Samenflüssigkeit und Augenflüssigkeit mehrere Monate halten kann, hat man immer wieder beobachtet.“ Der Erreger könne in manchen Nischen des Körpers überdauern und sich später wieder vermehren. Dies betreffe aber nur einen Teil der Patienten. „Wie häufig das auftritt, lässt sich im Augenblick schwer sagen. Der Fall zeigt aber, dass dieses Phänomen nicht ganz selten ist“, betont Klenk. Daher sollten ehemalige Patienten unter Beobachtung bleiben.
Die schwere Ebola-Epidemie in Westafrika, die im Dezember 2013 ausgebrochen war, hat nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 11 300 Menschen das Leben gekostet. Die Dunkelziffer dürfe sehr viel höher liegen.