Das zweite Wohnzimmer: Das Schlafzimmer wird Aufenthaltsraum
Köln (dpa/tmn) - Bei vielen ist es ein kühler, dezent eingerichteter Raum. Im Schlafzimmer liegt der Fokus eben - auf dem Schlafen. Das soll sich jetzt aber ändern, finden zumindest die Möbelhersteller.
Auf der Kölner Möbelmesse im Januar war diese Neuausrichtung erstmals zu sehen.
„Das Schlafzimmer ist zu schade zum Verschlafen“, fasst Markus Majerus, Sprecher der IMM Cologne, das Ansinnen der Designer zusammen. „Es wird mehr zum Wohnraum.“ Er erklärt: „Das Bewusstsein für guten Schlaf hört nun nicht mehr bei einer guten Matratze auf.“ Stattdessen machen sich die Unternehmen Gedanken, wie die Zeit vor und nach dem Einschlafen im Bett bequemer wird.
Gute Nachttisch- und Leseleuchten sowie gepolsterte Kopfteile zum Anlehnen stehen schon länger im Fokus. Doch jetzt beziehen die Unternehmen die Rückenteile noch dicker mit gemütlichen Lagen und im Stil von Sofas. Man sitzt aufrechter und damit besser. Und die Beleuchtung wird ausgefeilter.
Auch die übliche Unterhaltungselektronik findet immer mehr Platz und Anschlussmöglichkeiten im Schlafzimmer. Aus Sideboards lassen sich Fernseher ausfahren, Nachttische haben Docking-Stations und integrierte Steckdosen für Handys.
Warum all das? Den Menschen wird nicht nur immer klarer, wie wichtig guter Schlaf in einer angenehmen Umgebung ist. Viele sind sich auch bewusst, dass sie rund ein Drittel des Tages im Schlafzimmer verbringen, urteilen die Trendexperten der Koelnmesse. Sie behaupten sogar: Heute zieht man sich auch gerne mal mit Freunden dahin zurück, verbringt dort die Zeit wie im Wohnzimmer. Das verändere natürlich das Aussehen des Raumes.
Einher geht das mit einem Wandel bei den Betten: Einen anhaltenden Hype erleben die hohen, oft als besonders gemütlich geltenden Polsterbetten, bekannt unter dem Markennamen Boxspring. Zwar könne die Branche noch nicht absehen, wie sehr diese Bettenvariante sich durchsetzen wird, sagt Claudia Wieland vom Fachverband Matratzen-Industrie. „Diejenigen, die sie selbst im Angebot haben, glauben aber, dass sich der Anteil bei 30 Prozent einpendeln wird.“
Die Hersteller üblicher Betten ziehen nach: Sie produzieren nun selbst die Polsterbetten, sagen Wieland und Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbel-Industrie übereinstimmend. Oder die herkömmlichen Kastenbetten werden höher. Denn nach Ansicht der Expertinnen sind Boxspringvarianten auch deshalb so beliebt, weil ihre Einstiegshöhe so bequem ist.
Zum Thema Gemütlichkeit passt, dass einige neue Betten, die Hersteller auf der IMM Cologne vorstellten, nun gebogene Kopfteile haben. So ragen die Seitenenden etwas in Richtung Kissen nach vorne und schotten den Kopf des Schlafenden ab.
Aber auch die Möbel werden „wohnlicher“, wie es die Branche gerne ausdrückt. Es gibt vermehrt Regalsysteme für Dekorationen, teils beleuchtet, was im Schlafzimmer bisher nicht üblich war. Und: Sessel oder gar Sofas finden nun Platz in diesem Zimmer. Dafür verschwinden vermehrt die rein praktischen Teile des Raumes: Die Fertigbaubranche meldete 2015, dass 15 Prozent der Neubauten einen begehbaren Kleiderschrank haben, berichtet Geismann. Wuchtige Schränke im eigentlichen Schlafzimmer braucht man dann nicht mehr.
Doch die Frage ist, ob sich dieser Wohntrend durchsetzen kann. Schönere, durchdachte Möbel kommen natürlich immer an. Aber für viele soll das Schlafzimmer doch bewusst Schlafzimmer bleiben: „Ich glaube eben nicht, dass man sich mit Gästen ins Bett legt, um dort zu reden oder einen Film zu schauen“, sagt selbst Branchensprecherin Geismann. „Außerdem kann man im Sinne des Feng Shui viele Dekorationen in dem Raum gar nicht empfehlen.“ So verhilft weniger Schnickschnack im Raum eher zu gutem Schlaf. Auch Matratzenexpertin Wieland ist skeptisch: „Ein Bett ist halt kein Sofa, das jeder, der zu Besuch kommt, sieht und in das man daher gerne mehr investiert.“