Einigung auf Augenhöhe: Mediation mit dem Vermieter
Schwerin (dpa/tmn) - Nicht selten wird der Frieden in der eigenen Wohnung durch Streit mit Nachbarn oder dem Vermieter empfindlich gestört. Im Eifer des Gefechts droht man dann schnell mit einer Klage vor Gericht.
Doch Prozess- und Anwaltskosten können Unsummen verschlingen. Warum also dieses Risiko eingehen? Die Alternative kann ein Mediationsverfahren sein.
Das Wort „Mediation“ kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie Vermitteln. Beim Mediationsverfahren moderiert ein neutraler Dritter - der Mediator - zwischen den Konfliktparteien. „Dabei stehen nicht die Rechte der jeweiligen Konfliktpartei im Vordergrund, sondern ihre Interessen und Bedürfnisse“, erläutert Holger Saubert, Rechtsanwalt und Mediator in Schwerin.
So läuft es ab: Jeder trägt zunächst seine Sicht der Dinge vor. Dann formulieren die Streitparteien jeweils ihre Wünsche und erarbeiten Lösungsansätze. „Dabei hat der Mediator keine Ergebnisverantwortung“, betont Saubert. Er ergreift also für keine Seite Partei, sondern kümmert sich lediglich darum, dass die Streitenden sich an einen Tisch setzen - und dann zu einer gemeinsamen Gesprächsebene finden.
„Dieses Vorgehen zwingt die Konfliktparteien dazu, bei der Suche nach einer Lösung kommunikative Regeln wie etwa Zuhören und Ausreden einzuhalten“, erklärt Sonja Herzberg, Rechtsanwältin und Beisitzerin im Vorstand des Mieterbundes Rhein-Ruhr. Mit der Unterstützung des Mediators lernt die eine Konfliktpartei die Sichtweise der anderen besser zu verstehen und kommt eventuell teilweise zu ganz neuen Erkenntnissen. Dann fallen möglicherweise Sätze wie etwa „Das habe ich so gar nicht gewusst“, erzählt Herzberg.
Der Vorteil: Anders als bei einem Gerichtsverfahren, das sich über Jahre ziehen kann, könne man hier relativ zügig und ohne viel Zeitaufwand ein Ergebnis in einem Streitfall erzielen, sagt Herzberg. Zudem gibt es, selbst bei einem Scheitern des Mediationsverfahrens, keinen Gewinner und keinen Verlierer. „Kommt es zu keiner einvernehmlichen Lösung, dann können die Konfliktparteien immer noch rechtliche Schritte einleiten“, sagt Silvia Jörg vom Interessenverband Mieterschutz in Hamburg.
Ein typischer Konflikt, bei dem der Mediator unterstützen kann, sind Auszugsverhandlungen - etwa wenn langjährige Mieter aus gesundheitlichen Gründen in eine Einrichtung für betreutes Wohnen ziehen wollen, der Vermieter sie aber nicht früher aus dem Mietvertrag entlassen will, nennt Jörg als Beispiel. Auch der Zustand der Räume beim Auszug kann ein Thema sein.
„Oft geht es auch um Kleinigkeiten wie die Nicht-Einhaltung der Hausordnung“, hat Saubert beobachtet - etwa wenn trotz schriftlicher Vereinbarung Kinderwagen oder Fahrräder im Flur eines Mehrparteienhauses stehen - obwohl es dafür extra einen Kellerraum gibt. Weitere Probleme: Laute Musik oder das Geräusch von klackernden Stöckelschuhen hallt durch Decken und Wände.
Mögliche Ergebnisse eines Mediationsverfahrens könnten dann lauten: Die Musik darf der Mieter nur noch zu bestimmten Tageszeiten laut aufdrehen. Die Bewohnerin zieht ihre Stöckelschuhe - zumindest abends - vor der Wohnungstür aus.
Gute Voraussetzungen für das Verfahren: Beide Seiten lassen sich darauf ein, sich von einem Dritten führen zu lassen. Das sei im Prinzip schon viel, betont Saubert. „Dann sind die Aussichten, dass es zu einem Kompromiss kommen kann, zumindest nicht schlecht.“
Wer einen Konflikt lösen will, kann sich etwa an einen Mieterverein oder den Eigentümerverband Haus & Grund wenden. In der Redel teilen sich beide Streitparteien die Kosten für ein Mediationsverfahren. Bei einem externen Mediator betragen sie im Schnitt zwischen 150 und 400 Euro pro Sitzung - das sind für jeden also durchschnittlich zwischen 75 bis 200 Euro.
Wie hoch genau der Betrag ist, hängt von der Anzahl der Sitzungen zwischen Mediator - oft sind es Anwälte oder Psychologen - und den Streitenden ab. Insgesamt sei das Verfahren mit weitem Abstand kostengünstiger als ein langwieriges Gerichtsverfahren - und das Schönste daran: „Es besteht die realistische Chance für eine Einigung auf Augenhöhe“, wie Jörg betont.