Heizen macht wärmer, ärmer - und sorgt manchmal für Streit
Bremen (dpa) - Heizt Du schon oder frierst Du noch? Wann man in die Heizsaison startet, will wohl überlegt sein. Denn die Gradzahl in der Bude könnte nicht nur Folgen für die Nebenkostenabrechnung haben.
Wenn draußen die Temperaturen sinken, steigt bei manchen Paaren der Stresspegel. 25, 21 oder 18 Grad? Bei welcher Temperatur man sich zu Hause wohlfühlt, ist ganz unterschiedlich. Während der eine noch friert, schwitzt der andere schon. Auch die steigenden Energiekosten und der Klimaschutz wollen beim Heizen berücksichtigt sein. Gar nicht so einfach, die richtige Temperatur für die Wohnung zu finden - zumal Energieberater, Umweltschützer und Politiker eine ganz eigene Meinung haben.
Feststeht: Männer und Frauen frieren unterschiedlich schnell. Das ist biologisch bedingt. Während sich die Frau mit Wärmflasche und dicker Wolldecke aufs Sofa kuschelt, läuft ihr Partner im T-Shirt umher - und dreht gerne mal heimlich den Thermostat nach unten. Da ist Zoff vorprogrammiert.
„Wenn die individuelle Wohlfühltemperatur weit auseinanderliegt, kann das zu einer Belastung für die Beziehung werden“, weiß die Hamburger Paartherapeutin Lisa Fischbach aus ihrer Praxis. Denn daran kann man nicht arbeiten wie an persönlichen Macken, die den anderen in den Wahnsinn treiben. „Man muss akzeptieren, dass es die Unterschiede gibt und einen Kompromiss aushandeln.“
Für unfreiwillige Kompromisse kann auch die Nebenkostenabrechnung sorgen. Zu Beginn dieser Heizsaison gab es zwar gute Nachrichten: Die Verbraucher können sich wegen des milden Wetters zu Jahresbeginn auf fette Nachzahlungen freuen. Doch der Trend geht in die andere Richtung. Die Energiekosten steigen wie die Strompreise seit Jahren. Für Haushalte mit geringem Einkommen kann das zu einem echten Problem werden.
Also dicken Pulli anziehen und Zimmertemperatur auf 15 bis 16 Grad drosseln, wie Thilo Sarrazin - damals noch Berliner Finanzsenator - vor Jahren vorschlug? Einer Broschüre der Verbraucherzentrale zum richtigen Heizen zufolge gilt folgende Faustregel: Wer die Temperatur in der Wohnung um ein Grad senkt, spart etwa sechs Prozent bei den Heizkosten ein.
Experten warnen jedoch vor zu viel Spareifer. In vielen Fällen schaden die von Sarrazin empfohlenen frischen 15 bis 16 Grad mehr als sie nützen. Gerade in älteren Häusern kühlen die Außenwände schnell aus. Es droht Schimmel. „Das kann man nur vermeiden, wenn man im Winter ausreichend und vor allem alle Zimmer gleichmäßig heizt“, sagt Silke Christiansen von der Bremer Umwelt-Beratung.
19 bis 21 statt mollig-warmer 23 Grad - das halten Umweltschützer angesichts des Klimawandels in Wohnräumen für angemessen. Auch Politiker aus allen Lagern werden nicht müde, die Bürger zum Energiesparen aufzurufen. In einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach gaben 2013 immerhin rund 60 Prozent der Befragten an, dass sie zum Schutz des Klimas bereit wären, ihre Heizung hinunterzudrehen, oder es sogar schon tun.
Der Bremer Energieökonom Colin Vance von der privaten Jacobs University ist trotzdem skeptisch, dass moralische Appelle etwas bewirken. „Das Heizen gehört wie das Autofahren zu einer Klasse von Gütern, auf die man nicht verzichten will.“ Anders ist es beim Preis: Dieser kann schon zum Sparen animieren. Dafür müssten die Heizkosten aber noch deutlich steigen - so dass es richtig wehtue, meint Professor Vance. Dass das irgendwann der Fall sein wird, da sind sich die verschiedenen Experten zumindest einig.