Hippie-Folklore und Zukunftsdesign: die Ambiente-Trends
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Aktuelle Trends beim Wohnen sind oft nicht so ganz fassbar. Das gilt besonders dann, wenn Fachleute diese auch noch mit englischen Wortkompositionen benennen:
Artisanal Gardening, Futuristic Couture, Functional Symplicity und Composing Freedom heißen die vier Bewegungen, die die Experten der Konsumgütermesse Ambiente in Frankfurt am Main (noch bis 16. Februar) für das Jahr 2016 ausgemacht haben. Was dahinter steckt, zeigen sie in vier unterschiedlichen Räumen voller Wohnaccessoires:
Artisanal Gardening: In diesem Raum hat die Natur einen Platz im Haus, und der Garten ist das Vorbild der Einrichtung. Die Farbpalette besteht aus warmen Tönen, die der Spätsommer auflegt: Dunkelrot, Grün und warmes Braun. Die Kissen zieren Blumenmuster; Geschirr, Deko und Kleinmöbel bestehen vor allem aus Keramik, Bambus, Leinen und Wolle.
Zu diesem Trend gehören Produkte des Kunsthandwerks. „Die Hersteller besinnen sich wieder auf eigenes Design und eine qualitativ gute Ausführung“, sagt Marianne Kassamba vom Bundesverband Kunsthandwerk. „Das Authentische wurde selten so geschätzt wie aktuell“, erklärt Annetta Palmisano vom Stilbüro bora.herke.palmisano, das die Schau zusammengestellt hat. Es gehe um Modernes mit ländlichem Charme.
Das Fazit der Trendexperten der Messe: „Die Grenzen zwischen innen und außen verschwimmen zugunsten einer entspannten Wohnatmosphäre mit Hippie- und Folklore-Flair.“ Doch diesen Trend bestimmen vor allem dunklere Farbtöne. Und so etwas setzte sich bisher bei der breiten Masse der Käufer oft nicht durch, ergänzt Nicolette Naumann, Bereichsleiterin der Ambiente. „Das Exzentrische, das etwas Dunklere ist immer eher im oberen Marktsegment geblieben. Das ist und bleibt etwas für eine spezielle Zielgruppe.“ Und so sehe man in dieser Beispiel-Ausstellung auch fast nur teurere Produkte.
Futuristic Couture: Hier sieht es ein wenig aus wie in einer Science-Fiction-Szene. Auf Kästen aus Plexiglas, teils in Neongelb, stehen Glas- und glänzende Metallobjekte. Stilexpertin Palmisano zählt als Zeichen des Trends synthetische Materialien und Drucke auf, die an Elemente der Molekularbiologie erinnern. Doch das scheinbare Zukunftslabor ist gespickt mit Alltagsgegenständen, die wir bereits nutzen: Skurril geformte Schalen und Vasen gehören dazu sowie Gläser, die an Omas altes Kristall erinnern und grau schimmernde Etageren.
Worum geht es hier? Die Produktionsmöglichkeiten haben sich zuletzt stark erweitert. So wird zum Beispiel der 3D-Druck immer besser. Das gibt Designern mehr Optionen, aus irren Ideen Produkte für den Massenmarkt zu machen. Skurrile Formen und ungewöhnliche Oberflächen lassen sich wirklich herstellen - und die wirken zum Teil nun einfach wie aus einer fernen Zukunft. „Es ist ein sehr spannendes Spiel mit dem Vortäuschen, mit dem Unwirklichen“, sagt Palmisano.
Dieser Trend wird uns noch lange beschäftigen, prognostiziert Messeleiterin Naumann. Denn neben den ungewöhnlichen Formen bringen die neuen Fertigungstechniken einen praktischen Nutzen mit sich: Stoffe lassen sich besser nachahmen. So könne günstiger Kunststoff nun wie das teuerste handgeblasene Glas wirken. Und das bedeutet: Viele exklusive Produkte können aus anderem Stoff jetzt billiger verkauft werden und somit alle Käufergruppen ansprechen. „Das ist ein großer Markt, und hier wird daher sicher noch weiter experimentiert.“
FunctionalSymplicitiy: Dieser Trend wird von Puristen geschätzt, die Produkte mit wenig Schnörkel und keinen Schnickschnack wollen. Die Formen dienen rein dem Zweck, vieles ist geometrisch angelegt. Alles nicht Nützliche werde weggelassen, erklärte Palmisano in einem Trendvortrag auf der Messe. Aber: „Hier offenbart sich, dass Nützliches auch schön sein kann. Jedes noch so alltägliche Objekt soll nicht nur funktional, sondern auch anschaulich sein.“
Das Fazit: Was diese Zielgruppe im Haushalt hat, ist gut ausgewählt und muss sich durch perfekte Funktion und Verarbeitung auszeichnen. Die Werkstoffe müssen also lange durchhalten. Es gehe um Essenzielles in Bestform, erklärt die Messe. Auch die Farbpalette ist unaufgeregt, es finden sich fast nur monochrome und neutrale Töne. Setzt sich das durch? Das hat es schon, es ist nur aktuell beliebter denn je.
Composingfreedom: Das ist der Einrichtungsstil für Freigeister. „Kombinationen prägen den unkonventionellsten Trend der kommenden Saison“, erklärt die Messe. Gegensätzliches wird eigenwillig und überraschend zusammengestellt. Und bekannte Formen werden verändert. So ist in der Ausstellung zum Beispiel ein eckiger Globus zu sehen. Auch bei den Mustern geht es geradezu wild zu: Hier treffen Punkte auf Streifen auf Blumen auf Quadrate. Die Devise lautet: Alles geht.
Das ist sehr praktikabel: Alte Produkte treffen auf neue, die ganze Farbpalette des Regenbogens wird verwendet - deutliche Einflüsse des Streetstyles und der 80er Jahre. „Im bunten Chaos aus Markenprodukten und No-Name-Lieblingsstücken gibt es eine Konstante: die originelle Unbekümmertheit“, beschreibt die Messe diesen Stil. Und das ist markttauglich, wenn auch in großen Dosen nicht jedermanns Sache.