Kaminkehrer im Blaumann kommen: Schornsteinfeger-Monopol fällt

Berlin (dpa) - Seit Jahrzehnten garantieren Gesetze den Schornsteinfegern komfortable Vorrechte. Eine Reform bringt nun Wettbewerb in den Markt. Kunden können profitieren.

Wenn Uwe Heybert mit dem Kehrbesen auf die Dächer von Berlin-Neukölln steigt, überblickt der Schornsteinfeger sein Reich: Kehrbezirk 0813, die Hufeisensiedlung, ein Schlüsselwerk modernen Städtebaus und deshalb Weltkulturerbe. Seit zehn Jahren ist Heybert dort für das Kehren und Messen an Schloten und Heizungen zuständig - zu festen Gebühren und ohne Konkurrenz, ein krisenfester Arbeitsplatz.

Doch beim Gang über die Dächer der bunt getünchten Reihenhäuser könnte der Schornsteinfeger schon in wenigen Monaten anderen Kaminkehrern begegnen. Denn zum Jahreswechsel fällt nach mehr als 70 Jahren das Schornsteinfeger-Monopol, Preise ersetzen viele Gebühren. Hausbesitzer können sich dann ihren Kaminkehrer aussuchen - und hoffen, viel Geld zu sparen. Es dürfte aber Jahre dauern, bis der Wettbewerb in Schwung kommt.

Vor vier Jahren hat die Bundesregierung auf Druck der EU das Schornsteinfegergesetz gelockert, 2013 wird der entscheidende Schritt wirksam. Können Eigentümer schon jetzt Kaminkehrer aus dem EU-Ausland beauftragen - was wegen der Fahrtkosten nur selten infrage kommt -, haben Hausbesitzer nun auch im Bundesgebiet freie Hand. Ein Register auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gibt Auskunft, welcher Betrieb prüfen, messen und kehren darf.

„Für den Kunden bringt das die Chance, alles in eine Hand zu legen: Messen, Kehren, Warten - dafür braucht er dann nur noch einen Termin statt drei“, sagt Andreas Müller, Vize-Hauptgeschäftsführer beim Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima. Dort wird schon die neue Schornsteinfeger-Konkurrenz geschult - in Blaumann statt schwarzer Kluft und Zylinder: Heizungsbauer drängen mit Zusatzqualifikation auf den lange abgeschotteten Markt.

Gerold Happ, Umweltfachmann beim Eigentümerverband Haus- und Grund, sieht für Kunden bei Kehrkosten von rund 50 Euro im Jahr im Einfamilienhaus durchaus Luft für Einsparungen. Die Heizungsbauer erwarten deshalb auch keine großen Erträge durch ihr neues Angebot, speziell wenn der Wettbewerb die Kehrpreise drückt. „Für uns ist das ein Instrument der Kundenbindung“, sagt Müller.

Hausbesitzer können künftig selbst entscheiden, wann gekehrt und gemessen wird, müssen sich aber auch um mehr Papiere kümmern. Bescheinigungen der beauftragten Firmen müssen dem Bezirksschornsteinfeger belegen, dass regelmäßig gekehrt wurde - sonst droht ein Bußgeld.

Die Schornsteinfeger fürchten nicht, dass die neue Konkurrenz ihnen beim Angebotspreis das Wasser reichen kann. „Wer zu einzelnen Kunden fährt, hat viel höhere Anfahrtskosten als wir, die wir von Haus zu Haus gehen“, meint Andreas Kramer, der Sprecher des Zentralverbands Deutscher Schornsteinfeger.

Auch Uwe Heybert bleibt gelassen. In seinem Kehrbezirk in Neukölln hat er sich umgehört: „90 Prozent bleiben beim alten Schornsteinfeger.“ Denn alle dreieinhalb Jahre müssen sie ihn ohnehin holen. Dann steht die „Feuerstättenschau“ an, bei der auch festgelegt wird, wie oft der Kamin in der Zwischenzeit gekehrt werden muss. Und diese Schau ist weiter dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vorbehalten - der so beim Kunden einen Fuß in der Tür behält.