Neue Bauideen: Scheune in ein Traumhaus verwandeln
Frankenthal (dpa/tmn) - Früher lagerten in der Scheune im sächsischen Frankenthal die Pferdegespanne und das Heu fürs Vieh. Man kann sich gut vorstellen, wie die Bauern nach getaner Arbeit vor dem Gebäude unter dem Baum saßen, sich ausruhten.
Die Zeiten haben sich geändert: Aus der Scheune ist ein traumhaftes Wohnhaus geworden.
Äußerlich hat sich an der Scheune kaum etwas getan, so könnte es auch um 1900 ausgesehen haben. Aber heute hängt an dem Baum eine bunte Plastikschaukel, daneben gibt es einen Sandkasten. Und hinter dem großen Scheuneneingang liegt die Terrasse. Stühle stehen darauf, eine Hängematte baumelt von der Decke.
Die Scheune wurde zum Wohnhaus umgebaut. Dazu noch eines, das architektonisch und energetisch neuesten Standards entspricht. Dafür wurde die Besitzerin Anja Klinger mit dem Award der KfW-Förderbank 2015 ausgezeichnet.
In Deutschlands ländlichen Gegenden gibt es viele landwirtschaftliche Gebäude, die ungenutzt sind. Für jene, die in ihren Heimatgemeinden leben wollen, aber nur teure Bauplätze finden, ist ihre Sanierung eine Chance. Denn seit langem leerstehende Gebäude können vergleichsweise billig zum Verkauf stehen. Und oft liegen die Gebäude auf den besten Grundstücken des Ortes, mitten im Dorfkern.
Gerade alte Scheunen scheinen in den Fokus der Bauherren zu rücken. Es sind große Hallen mit hohen Decken, ganz ohne Innenwände. Das heißt: mit viel Raum, darin die künftigen Wohnräume frei zu gestalten. Sogar loftartige Grundrisse sind möglich. Klinger baute in die 27 Meter lange und 13 Meter breite Scheune drei Etagen ein, wobei das Zentrum ein hoher, offener Raum ist. Ihr war es bei den Umbauten aber auch wichtig, dass „die Scheune Scheune bleibt“ - und damit das Gebäude als bekannter Teil des Ortsbildes erhalten. Sogar an der Außenwand haben die Bauleute nur einzelne Stellen ausgebessert.
Aber die Umnutzung einer solchen Scheune bringt Probleme mit sich: Die Nutzungsänderung zieht nach sich, dass energieeffiziente Maßnahmen nötig werden, die sich an jenen für Neubauten orientieren. Aber hier ist das oft baulich schwer, teuer oder gar nicht umsetzbar.
Ein Problem ist die Dämmung. Steht das Gebäude sogar noch unter Denkmalschutz, kann es sein, dass die Außenhülle gar nicht verhängt werden darf. Architektin Klinger löste das, indem sie statt einer einfachen Dämmung eine radikale Maßnahme wählte: In die alte Scheune hinein wurde ein neues Haus mit eigener Wärmedämmung gebaut. Die alte Fassade ist nur noch hübsche Verpackung und Regenschutz.
Der Architekt Thomas Metzler nutzte eine ähnliche Lösung für die Dämmung einer Scheune in Uesslingen in der Schweiz: Auch hier wurde innerhalb der alten Bruchsteinmauern eine neue Holzkonstruktion aufgebaut, die für einen guten Dämmwert sorgt. Trotzdem war beim Bau nicht jeder Eingriff möglich. So lässt sich das Erdgeschoss nur zum Teil beheizen. Metzler betont daher: „Bei solchen Gebäuden muss man immer individuelle Lösungen suchen.“
Selbst der Innenausbau der bisherigen Scheune ist herausfordernd. „Bei so einem Umbau hat man viel größere Raumtiefen als beim konventionellen Haus“, sagt Metzler. Das ergibt ein Problem mit der Helligkeit. Um lichtdurchflutete Räume zu erhalten, muss man eigentlich zusätzliche Fenster in die Fassade brechen. Klinger verzichtete darauf. Sie hinterlegte stattdessen die offenen Scheunentore mit Glas, was große Fensterflächen und eine Terrassentür ergab. Und es gibt nun Dachfenster, die von oben für Licht im ganzen Haus sorgen.
Metzler stört aus gestalterischer Sicht das Licht-Problem gar nicht. „Man hat hier die Möglichkeit mit Licht und Schatten zu spielen, so dass es Abwechslung gibt in einem Raum“, erklärt er. „Ich finde es immer schön, wenn ein Wohnhaus sowohl große wie kleine Räume, helle wie dunkle Räume hat. Es gibt nichts Langweiligeres, als wenn alle Räume gleich sind.“