„Selfstorage“ im Trend: „Man könnte es ja noch mal brauchen“

Köln (dpa) - Das Geschäft mit dem Einlagern boomt: Ob es der Skisarg oder die Briefmarkensammlung sind - die Motive der Kunden sind ganz unterschiedlich. Und die Selfstorage-Branche profitiert und wächst.

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Die Gänge in der Halle sehen alle gleich aus: Grauer Betonboden, links und rechts Abteile mit blauen Wellblech-Toren. Kleine Schlösser hängen davor. Reihe für Reihe. Alles wirkt aufgeräumt, fast steril - dabei verbergen sich hinter den Türchen mehrere hundert Lebensgeschichten, ganze Wohnungseinrichtungen und Existenzen. Und manchmal auch nur die wuchtige Nussbaum-Chippendale-Kommode einer Erbtante oder Aktenberge aus Steuerkanzleien.

„Natürlich frage ich mich oft, was hier noch alles lagert“, sagt Michael Deuter, Leiter der Kölner Niederlassung der Firma „Lagerbox“. „Aber wir bieten Privatsphäre. Einfach reinschauen dürfen wir nicht.“ Durch die Vorgespräche mit den Kunden, wenn es darum gehe, die richtige Größe des Abteils zu finden, erfahre man aber oft, was hergebracht werden soll.

Das Geschäft mit dem Vermieten von Abstellräumen boomt in Deutschland. Selfstorage, also die Aufbewahrung eigener Sachen, heißt das Konzept. 25 Anbieter mit mehr als 80 Standorten vor allem in Großstädten zählt der Verband deutscher Selfstorage-Unternehmen, in NRW sind es insgesamt fünf Firmen. Zudem gibt es über die Republik verteilt noch etliche, die kein Mitglied in der Dachorganisation sind.

Nach Angaben des Verbandes hat sich die Zahl der Lagerhäuser in den vergangenen 15 Jahren verzehnfacht. Die Auslastung liege bei 90 Prozent, der Gesamtumsatz lag 2013 bei mehr als 100 Millionen Euro, heißt es. Brennbares Gefahrgut, Lebensmittel und Tiere sind nicht erlaubt - und wohnen darf man in den Abstellräumen auch nicht. Im Gegenzug bieten die Anbieter Sauberkeit, konstante Raumtemperatur und Videoüberwachung. Die Lagerboxen selbst sind mit einem Chipcode fast rund um die Uhr für die Kunden zu erreichen.

Der Storage-Trend kommt aus den USA. Vor rund 30 Jahren nahm die Branche dort ihren Anfang, zurzeit des Golf-Kriegs erreichte sie ihren Höhepunkt: Das Militär zahlte die Wohnungen der Soldaten während des Einsatzes nicht weiter, also lagerten die Armeeangehörigen ihr Hab und Gut kurzerhand ein.

„Man könnte es ja noch mal brauchen“ - das ist einer der Sätze, die Deuter bei „Lagerbox“ häufig hört. Den einen, klassischen Kunden gibt es seiner Erfahrung nach aber nicht. Etwa zehn Prozent, die das Angebot nutzen, wollen für längere Zeit ins Ausland. Einige erben Möbelstücke, die gerade nicht zur Einrichtung passen. Vielleicht aber später mal. Andere wiederum bauen ein Haus - der Einzug verzögert sich, und die Wohnung ist schon den nächsten Mietern versprochen.

Viele eint auch ein zu kleiner Keller oder eine zu kleine Wohnung. Vor allem in Großstädten herrschen Platzmangel und Kellernot. Wohin also mit der Weihnachts- und Osterdeko oder dem Skisarg?

Die Kölnerin Sarah Pesch hat dagegen ganz andere Sorgen. Sie hat gerade ein Drei-Kubikmeter-Abteil für rund 46 Euro im Monat gemietet, um die Sachen ihres Ex-Freundes unterzustellen. „Zuhause ertrage ich das Zeug nicht mehr, und bisher konnte er es nicht abholen“, erklärt sie. „Jetzt steht alles an einem neutralen Platz.“

Laut Deuter sind es aber längst nicht mehr nur Privatleute, die in Lagerhäusern verstauen. „Die gewerblichen Kunden werden immer mehr“, sagt er. Kanzleien, Konzerne und Arztpraxen lagern aus Platzmangel in den Büros zunehmend Akten aus, Online-Händler bringen ihre Ware, große Umzugsunternehmen mieten wiederum für ihre Kunden an.

Auch der Kölner Warenautomaten-Betreiber Hans Jeschke sieht in seinem Stauraum nur Vorteile. Sobald er sein Wellblech-Tor öffnet, fällt der Blick auf Hunderte Papp-Stiegen mit Cola-Dosen und Kaffee-Pads. „Früher hatte ich die Cola in der Garage. Bis sie mir einen Winter eingefroren ist“, sagt Jeschke.

„Die Kunden lagern letztlich ein Stück ihrer Identität ein“, ist Niederlassungsleiter Deuter sicher. Oder schaffen sich einen geheimen Rückzugsort: An einem anderen Standort hat Deuter einen Kunden getroffen, der einmal in der Woche zu seinem Abteil kam - zum Briefmarken schauen. Die Ehefrau dachte, die Sammlung sei längst verkauft.