Urteil stärkt Gaskunden - Jetzt Preiserhöhungen widersprechen
Unkel (dpa/tmn) - Gaskunden mussten in den vergangenen Jahren immer wieder Preiserhöhungen hinnehmen. In einigen Fällen können sich Betroffene aber jetzt noch dagegen wehren. Dank eines neuen EuGH-Urteils besteht die Chance, zu viel gezahltes Geld zurückzubekommen.
Für viele Gaskunden kann es sich lohnen, jetzt noch rückwirkend Preiserhöhungen aus den vergangenen drei Jahren zu widersprechen. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Donnerstag (21. März) habe die Chancen vieler Verbraucher auf eine erfolgreiche Klage gegen intransparente Preiserhöhungen deutlich verbessert, sagte Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher in Unkel. Denn das Gericht entschied, dass eine Klausel zu einseitigen Preiserhöhung in den Verträgen sogenannter Sonderkunden des Energieversorgers RWE nicht rechtens sei (Rechtssache C-92/11). Jetzt muss sich aber noch der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Thema befassen.
So wie RWE gingen auch viele andere Konzerne mit ihren Sonderkunden um, sagte Jürgen Schröder, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Deshalb betreffe das Urteil sehr viele Verbraucher. Daher sollten auch andere Kunden als die von RWE jetzt rückwirkend Widerspruch gegen intransparente Preiserhöhungen einlegen.
Die Branche unterscheidet zwischen Sonderkunden und Tarifkunden. Sonderkunden hätten entweder bei ihrem Grundversorger, etwa dem örtlichen Stadtwerk, einen speziellen Vertrag zu einem besonderen Tarif, oder sie bezögen ihr Gas von einem anderen Anbieter als dem Grundversorger, erklärt Schröder den Unterschied. Rund 60 Prozent aller Verbraucher seien Sonderkunden.
Viele Betroffene hätten in den vergangenen Jahren einfach widerspruchslos Preiserhöhungen hingenommen und gezahlt, sagte Peters. Sondervertragskunden mit intransparenten Preisanpassungsklauseln könnten das zu viel gezahlte Geld jetzt aber noch rückwirkend zurückfordern - zumindest für Preiserhöhungen, die in den vergangenen drei Jahren erfolgt sind. Ältere sind verjährt. Schröder rät, nicht sofort vor Gericht zu ziehen, sondern zunächst eine außergerichtliche Einigung zu suchen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen stellt dafür auf ihrer Internetseite einen Musterbrief bereit.
„Heute könnten Kunden einer Rechnung aus Ende März 2010 noch schnell widersprechen“, sagte Schröder. Dann sichern sie sich ihre Ansprüche auf mögliche Rückzahlungen, die sie anschließend vor Gericht einfordern können. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt der Rechnung, nicht der Abrechnungszeitraum. Wenn Kunden zum Beispiel einer Rechnung vom April 2010 widersprechen, kann sich diese auch etwa auf den Abrechnungszeitraum von März 2009 bis Februar 2010 beziehen.
Erst wenn der Versorger den schriftlichen Widerspruch nicht annimmt und weiterhin den höheren Preis verlangt, sollte der Kunde vor Gericht ziehen, rät Peters. „Wir halten die Erfolgsaussichten einer solchen Klage für sehr gut nach dem Urteil des EuGH.“