Der New German Garden Style begeistert sogar die Engländer

Stuhr (dpa/tmn) - England ist „amused“: Der sogenannte New German Garden Style begeistert ausgerechnet das Mutterland des Gärtnerns. Was scheinbar wild zusammengesetzt wirkt, ist typisch deutsch - gut durchdacht, detailliert analysiert und mit Präzision umgesetzt.

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Man stelle sich ein Blütenmeer im Garten vor: Hier ein paar Königskerzen, jede Menge Margeriten, dazu ein paar zierliche Blütenbälle und immer wieder Gräser. Alle diese Pflanzen wachsen bunt durcheinander - fast wie auf einer Wiese. So ein Beet wird von Kennern dem „New German Garden Style“ zugeordnet.

Was steckt dahinter? Dieser neue deutsche Gartenstil ist robust, pflegeleicht und erscheint möglichst natürlich gewachsen. Die Kombinationen der Pflanzen wurden wissenschaftlich getestet. Einer der Gelehrten, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Grundlagen für diese Bepflanzungsweise schufen, war Richard Hansen (1912-2001). Er teilte mehrjährige Gartenblumen in ein System unterschiedlicher Standorte ein. Aus dieser Ordnung lassen sich Pflanzen, die gleiche Ansprüche an einen Standort haben, gut miteinander kombinieren.

Dass der New German Garden Style einen englischen Namen erhalten hat, geht auf britische Gestalter zurück, die sich Anfang der 1990er Jahre auf der Suche nach Innovation in Deutschland umsahen. Sie entdeckten im Münchener Westpark eine Bepflanzung der Planerin Rosemarie Weise (1928-2002). Das Vorbild war eine Steppenheide mit Gräsern und Stauden. Ebenso beeindruckt waren die Briten von Urs Walsers Pflanzungen im Schau- und Staudensichtungsgarten Hermannshof in Weinheim. Zurück in Großbritannien fiel nun immer häufiger der Begriff New German Garden Style.

Heute wird der wissenschaftliche Ansatz vor allem von Cassian Schmidt verfolgt. Er ist Direktor des Schau- und Sichtungsgartens Hermannshof und Professor für Pflanzenverwendung an der Hochschule Geisenheim University. Er hat sich etwa an Pflanzkombinationen ausprobiert, die möglichst wenig Pflege brauchen. „In den Anfangsjahren brauchen die Beete noch etwas mehr Pflege wie Gießen, Jäten und Rückschnitt“, erläutert Bettina Rehm-Wolters, Landschaftsarchitektin aus Stuhr in Niedersachsen. Nach dem Einwachsen reicht ein jährlicher Rückschnitt im zeitigen Frühjahr.

Der Stil ist nicht nur etwas für Profis. Auch Hobbygärtner können ihn einfach umsetzen: Sie wählen Pflanzen aus, die gut mit der Situation am Standort klarkommen, erklärt Mascha Schacht, Gartenbuchautorin aus Frankfurt am Main. Diese Auswahl wird dann möglichst natürlich wirkend gesetzt. Die Pflanzen werden nicht wie in einer klassischen Staudenrabatte statisch und bewusst platziert. „Alles soll so wirken, als wäre es zufällig so gewachsen.“

Schacht hat für Hobbygärtner einen Tipp, wie man das am besten umsetzt: Man nimmt einige Kieselsteine und wirft sie zusammen in die Luft, so dass sie auf dem vorbereiteten Beet landen. Nun werden jene Stauden, die aufgrund ihrer Höhe das Grundgerüst der Kombination bilden sollen, an diese Stellen gepflanzt, auf denen die Steine gelandet sind. Anschließend werden nach der gleichen Methode Begleiter, Bodendecker und Zwiebelblumen gesetzt.

Die Gestaltungen können sich stark voneinander unterscheiden. „Ein Schattenbeet am Gehölzrand wird anders bestückt als ein sonniger Platz mit magerer, kiesiger Erde“, sagt Rehm-Wolters. Als Beispiel nennt sie für einen sonnigen Platz eine Kombination aus Steppen-Salbei, Duftnesseln, Katzenminze, Sonnenhut und Ziergräsern wie Diamantgras, Federgras oder Rutenhirse.

Hochgezüchtete Liebhabersorten werden kaum gepflanzt. „In der Regel finden im New German Garden Style langlebige Pflanzen Verwendung, die möglichst wenig Pflege benötigen“, sagt Rehm-Wolters. Wichtig ist auch, dass die Pflanzen das ganze Jahr über attraktiv sind. Neben dem Austrieb im Frühling spielen die Blätter, eine Herbstfärbung und ein attraktiver Samenstand eine ebenso bedeutende Rolle wie die Blüte. „Wildstauden auch aus anderen Regionen der Erde bieten sich perfekt für den neuen Gartenstil an.“

Literatur:

Mascha Schacht: Gartengestaltung mit Stauden: Von Foerster bis New German Style, Verlag E. Ulmer, 2012, 214 Seiten, 49,90 Euro, ISBN-13: 978-3-8001-7690-8

Bettina Rehm-Wolters und Markus Zeiler: Stauden im Garten: Gestaltungsideen für immerblühende Beete, Callwey Verlag, 2011, 192 Seiten, 39,95 Euro, ISBN-13: 978-3-7667-1866-2