Die Reise von Rose „Madam Red“
Frankfurt/Main (dpa) - Anfang Mai gedeihen Rosen in Deutschland bestenfalls in Gewächshäusern. Die „Königin der Blumen“ wird zum Muttertag (10. Mai) als Schnittblume größtenteils aus dem Ausland importiert.
Nach Angaben des Verbands des Blumen-Groß- und Importhandels (BGI) stammen 84 Prozent der auf den deutschen Markt importierten Rosen aus EU-Ländern wie den Niederlanden, Italien, Belgien oder Spanien. Rund 11 Prozent kommen aus Afrika, 5 Prozent aus Ländern wie Ecuador oder Kolumbien. Rosen mit besonders großen Köpfen wachsen dort besser als in Europa und sind hierzulande beliebt. Eine solche Rose legt nach der Ernte Tausende Kilometer zurück, ehe sie eine Mutter glücklich macht. Das zeigt das Beispiel der Rose „Madam Red“.
TAG 1 - die Ernte: Schnittrosen wachsen allgemein etwa 60 bis 90 Tage. „Madam Red“ ist kurz vor der Ernte etwa einen halben Meter lang. Wenn sich die Blütenblätter entfalten, wird ihr knallroter Kopf einen Durchmesser von bis zu sechs Zentimetern haben. So wie viele andere Rosen, die beispielsweise „Freedom“ oder „Señorita“ heißen, gedeiht sie im ostafrikanischen Kenia.
Auf einer riesigen Rosenfarm, die etwa zehn Kilometer vom Mount Kenya liegt, wird sie auf einer riesigen Rosenfarm geerntet. „Die meisten Rosen in Kenia werden auf Farmen angebaut, die in Höhenlagen zwischen 1500 Metern und 2800 Metern liegen“, sagt der Geschäftsführer von Omniflora, Jens Kramer, einem Importeur von fair gehandelten Rosen aus dem hessischen Neu-Isenburg.
„In Kenia herrschen insgesamt gute Voraussetzungen für den Anbau von Schnittblumen“, sagt Roland Gramling, Sprecher der Umweltorganisation WWF. Für Rosen sei das gleichmäßig warme Klima mit vielen Sonnenstunden und Niederschlägen über das ganze Jahr verteilt ideal. Und: „Eine Rose, die in Kenia gezüchtet wird, verbraucht weniger Energie und CO2-Emissionen als eine Rose aus einem europäischen Gewächshaus“, sagt Gramling. Das wiegt sogar die Emissionen durch den Flugtransport aus Kenia auf, wie Claudia Brück, Sprecherin von Fairtrade Deutschland sagt.
Doch bei der Produktion von Schnittrosen wird viel Wasser verbraucht. Rund vier Liter sind es laut WWF-Sprecher Gramling pro Stiel. Um den Verbrauch zu senken, initiiert etwa der WWF Projekte, welche die Produktion in Gewächshäusern unterstützt. So werde nicht nur rund 40 Prozent weniger Wasser verbraucht. Weil unter dem Dach weniger Pflanzenkrankheiten vorkommen, werde der Einsatz von Pestiziden reduziert. Zusammen mit Tausenden anderen Rosen wird „Madam Red“ nach der Ernte nach Größe sortiert und in einem Kühlraum in Wasser gestellt.
TAG 2 - das Verpacken: Über Nacht hat „Madam Red“ Wasser gezogen und wird nun für ihre lange Reise fertig gemacht. Mit bis zu 20 Rosen wird sie zusammengebunden und in einem Pappkarton verpackt. Je nach Größe und Sorte passen zwischen 100 und 700 Rosen in einen Karton. Während ihrer Reise werden die Blumen nicht mit Wasser versorgt. Mit einem Lkw geht es schließlich rund 220 Kilometer zum Flughafen in Kenias Hauptstadt Nairobi. Dort wartet bereits ein Frachtflugzeug.
TAG 2 - der Flug: Nach dem Abflug abends in Nairobi ist „Madam Red“ rund acht Stunden in der Luft. Im Bauch eines Frachters von Lufthansa Cargo geht es rund 6000 Kilometer nach Frankfurt am Main. In den beiden Wochen vor dem Muttertag werden dort zwischen 50 und 65 Tonnen Blumen pro Flug erwartet - alleine aus Kenia. Morgens, gegen 7.00 Uhr, landet das Flugzeug am größten Flughafen in Deutschland. Alleine Lufthansa Cargo fliegt vier Mal pro Woche Rosen von Nairobi nach Deutschland. Aus Ecuadors Hauptstadt Quito sind es zwei Frachtflüge pro Woche.
TAG 3 - die Ankunft: Im Frankfurter Perishable-Center (PCF), einem Umschlagsplatz für verderbliche Waren wie Obst, Gemüse oder Fleisch, wird das Flugzeug mit der blumigen Fracht schon erwartet. „Durchschnittlich etwa 50 Tonnen Blumen werden hier jeden Tag umgeschlagen“, sagt der PCF-Sprecher Stergios Boudrikas, „ein Großteil davon sind Rosen.“ Jährlich werden dort rund 20 000 Tonnen Blumen für den Weitertransport abgefertigt. Ziel seien Großhändler etwa in Deutschland, Großbritannien oder der Schweiz.
TAG 3 - die Kontrolle: Bevor „Madame Red“ das Flughafen-Gelände in Frankfurt verlässt, wird sie zusammen mit anderen Rosen unter die Lupe genommen - vom Pflanzenschutzdienst des Regierungspräsidiums Gießen. Kontrolleure öffnen die Pakete stichprobenartig und begutachten die Blumen. „Wir kontrollieren, damit keine Krankheiten oder Schädlinge eingeschleppt werden“, sagt Hans-Jürgen Hess vom Pflanzenschutzdienst. Werden in einem Karton Schädlinge entdeckt, wird die ganze Lieferung vernichtet. „Bei Rosen finden wir selten etwas“, sagt Hess. Geben die Kontrolleure die Rosen-Lieferung frei, geht es mit Kühl-Lastwagen zu den Blumengroßhändlern.
Tag 4 - der Versand: Nachdem dort die Rosenstiele angeschnitten wurden und bei Großhändlern eine Nacht gekühlt in Wasser mit Frischhaltemittel verbracht haben, geht der Transport weiter. Ziel sind neben Supermärkten und Blumenfachgeschäften in ganz Deutschland auch Online-Versender. Für die kenianische Rose „Madame Red“ geht es beispielsweise zu einem Floristen ins rund 560 Kilometer entfernte Berlin. Allein die Transportkosten für eine Rose belaufen sich nach Schätzungen von Jürgen Scheerer, Geschäftsführer des Frankfurter Blumengroßhändlers Minicuci, bis dahin auf 18 bis 20 Cent. Je nach Größe und Sorte kosten Rosen mit großen Köpfen im Fachhandel zwischen 3,00 Euro und 5,00 Euro, wie Sprecherin Nicola Fink vom Fachverband Deutscher Floristen sagt. Rosen mit kleinen Köpfen liegen zwischen 0,50 Euro und 2,00 Euro.
Tag 5 - Muttertag: „Madame Red“ hat insgesamt rund 6780 Kilometer von Afrika nach Deutschland zurückgelegt. Mit Frischhaltemittel in einer Vase kann sie bis zu zwei Wochen eine Mutter erfreuen - ehe sie den Kopf hängen lässt und verwelkt.