Sie blühen erst im Mondschein: Mondwinde, Nachtkerzen und Gemshorn
Nürnberg (dpa/tmn) - Sie öffnen ihre Blüten erst, wenn andere sie schließen: Einige Pflanzen blühen in der Dunkelheit und locken dann mit ihrem Duft die Insekten zur Bestäubung an.
Pflanzen geben in der warmen Jahreszeit alles, um aufzufallen. Denn sie konkurrieren untereinander um Insekten, die sie bestäuben. Die einen locken mit feinem Nektar, die anderen mit besonderen Blütenfärbungen. Aber manche Pflanze schert sich erst gar nicht um das Geschehen am Tag: Sie öffnet die Blüten erst, wenn die Sonne untergeht.
„Es gibt eine ganze Menge solcher Gartenblumen“, sagt Ute Bauer, Fachbuchautorin und Gartenbauingenieurin aus Nürnberg. Sie zählt Pflanzen wie Nachtviolen (Hesperis matronalis), Gemshorn (Matthiola bicornis) und Nachtkerzen (Oenothera) auf. „Nachtblüte ist nicht auf eine bestimmte Gattung oder Pflanzenart beschränkt“, erläutert Bauer. Sowohl einjährige und zweijährige Gartenblumen als auch mehrjährige Stauden und Kletterpflanzen gibt es unter den Nachtblühern.
Die Pflanzen duften meist auch sehr intensiv: „Wenn sich die Blüten am Abend öffnen, müssen nachtaktive Insekten angelockt werden“, erläutert Markus Zeiler, Gartendirektor der Blumeninsel Mainau im Bodensee. „Das gelingt mit dem Duft in der Dunkelheit besonders gut.“ Schwärmer und Motten fliegen die Blüten an und können mit ihrem langen Rüssel die Pflanzen gut bestäuben.
Es ist auch auffällig, dass zahlreiche Nachtblüher wie Nachtkerzen (Oenothera biennis) und Taglilien (Hemerocallis citrina und H. liloasphodelus) besonders helle Blütenfarben haben. „So wird das restliche Tageslicht beziehungsweise das Mondlicht reflektiert, und die Lockfunktion wird verstärkt“, sagt Bauer. Besonders eindrucksvoll sei dieses Phänomen bei der Mondwinde (Ipomea alba), deren weiße Blüten einen Durchmesser von bis zu zwölf Zentimetern haben und wie Strahler durch die Nacht leuchten. Dunkle Blütenfarben werden dagegen von der Nacht geschluckt.
Dieses Phänomen bietet nicht nur für die Insekten besondere Möglichkeiten, sondern auch für Gartenbesitzer. „Pflanzt man die sommerlichen Blütenpflanzen nahe an den Sitzplatz und die Terrasse, kann man das Phänomen gut beobachten“, sagt die Buchautorin Bauer, die sich mit der Gestaltung für Gärten, die am Abend genutzt werden, befasst hat. Besonders gut eignen sich hierfür die Nachtkerzen: Mit abnehmendem Licht öffnen sich die Blüten langsam, so dass man die Bewegung deutlich wahrnehmen kann.
Ebenso eignen sich zahlreiche dieser besonderen Pflanzen für den Balkon, denn gerade Einjährige wie Ziertabak (Nicotiana alata sowie N. sylvestris), Wunderblume (Mirabilis jalalpa) und der wenig bekannte Nachtphlox (Zaluzianskya villosa) wachsen auch im Topf. Da der Duft ein wichtiger Aspekt bei den Nachtblühern ist, empfiehlt Markus Zeiler, der auf der Insel Mainau einen großen Duftgarten betreut, niedrige Pflanzen wie die hängende Nachtkerze (Oenothera missouriensis) an Mauerkronen oder in hohe Gefäße zu pflanzen. „So muss man sich nicht bücken, um den Duft genießen zu können.“
Die Qualität eines Duftes kann sich im Verlauf von Tag zu Nacht ändern. „Lilien beispielsweise haben in der Nacht ein würziges Parfüm, während sie am Tag eher einen schweren, süßlichen Duft präsentieren“, sagt Ute Bauer. Als besonders intensiv beschreibt sie den Duft des Gemshorns (Matthiola bicornis) und des Nachtphlox, der selten als Jungpflanze angeboten wird. Man kann sich die Pflanzen aber aus Saatgut leicht selber ziehen.