Siegel soll Durchblick bei grünen Fonds schaffen

Düsseldorf (dpa/tmn) - Würden Sie in ein Unternehmen investieren, das Streubomben herstellt? Oder das in seinen Fabriken Kinderarbeit zulässt? Wenn Sie diese Fragen mit Nein beantworten, sind Sie vermutlich auf der Suche nach nachhaltigen Finanzprodukten.

Foto: dpa

„Anleger möchten mit ihrem Geld nicht nur Rendite erzielen, sondern es oft auch ethisch, sozial oder ökologisch anlegen“, sagt Thomas Pfister von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Kein Wunder also, dass immer mehr Geld in grüne und soziale Geldanlagen fließt.

So ist das Marktvolumen dieses Sektors nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) allein in Deutschland von 2013 bis 2014 um 59 Prozent gewachsen. Die Summe nachhaltiger Fonds, Kunden- und Eigenanlagen in Deutschland lag demnach Ende 2014 bei 127,3 Milliarden Euro. Ende 2013 betrug das Marktvolumen noch 79,9 Milliarden Euro. Nimmt man noch die Schweiz und Österreich dazu, kommt man auf ein Marktvolumen von 197,5 Milliarden Euro.

Deutlich zeigt sich die Entwicklung bei den nachhaltigen Investmentfonds und Mandaten, also Spezialfonds von Versicherungen oder Pensionskassen. Laut Marktbericht des FNG hat das Volumen dieses Segments im vergangenen Jahr um 70 Prozent zugelegt und liegt jetzt bei 52,7 Milliarden Euro. Sein Anteil am Gesamtmarkt stieg von 1,5 auf 2,2 Prozent. Sieben nachhaltige Fonds wurden in Deutschland neu aufgelegt, ein Fonds auf Nachhaltigkeit umgestellt.

Das Problem: Für Anleger sind nachhaltige Produkte oft nur schwer zu erkennen. Denn die Ansätze, die beispielsweise Fondsmanager verfolgen, sind sehr unterschiedlich. Während einige mit Ausschlusskriterien arbeiten, wählen andere nur die besten Unternehmen einer Branche aus, verfolgen also den sogenannten Best-in-Class-Ansatz. „Der Markt Nachhaltiger Geldanlagen gewinnt nicht nur an Volumen hinzu“, sagt deshalb FNG-Geschäftsführerin Claudia Tober. „Sondern auch an Vielfalt und Komplexität.“

So legen nicht alle nachhaltigen Fonds die gleichen strengen Kriterien an, wie eine Analyse der Verbraucherzentrale Bremen und der Stiftung Warentest ergab. In einer Stichprobe untersuchten die Experten im Sommer 2014 insgesamt 46 ethisch-ökologische Aktien- und Rentenfonds. Nur ein einziger Fonds schloss kontroverse Geschäftsfelder wie Waffen, Atomenergie, Gentechnik und Erdöl kategorisch aus. Alle anderen Fonds legten andere Maßstäbe an, schlossen etwa Kinderarbeit nicht explizit aus oder investierten auch in die Ölindustrie.

Dabei sind Anleger sogar bereit, bei nachhaltigen Geldanlagen auf Rendite zu verzichten. Nach einer Studie der Universität Regensburg, die in der Zeitschrift „Qualitative Research in Financial Markets“ veröffentlicht wurde, zeigte sich die Mehrheit der Befragten gewillt, bis zu zwei Prozent weniger Rendite in Kauf zu nehmen, wenn eine Geldanlage exakt ihren Vorstellungen von Nachhaltigkeit entspricht.

Um Anlegern mehr Orientierung zu geben, will das FNG noch in diesem Sommer ein Siegel auf den Markt bringen. Es soll auf Antrag an nachhaltige Publikumsfonds vergeben werden, die in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Liechtenstein zugelassen sind - zum ersten Mal im November. „Das Siegel soll Anlegern die Wahl eines nachhaltigen Anlageproduktes erleichtern“, sagt Tober.

Wollen Fonds einen entsprechenden Qualitätsnachweis haben, müssen sie unter anderem die Transparenzregeln des European Sustainable and Responsible Investment Forum (Eurosif) anerkennen. Hinzu kommen die Ausschlusskriterien Atomkraft, Menschenrechtsverletzungen und Streumunition. Auch die Bereiche Menschen- und Arbeitsrechte, Umwelt und Korruptionsbekämpfung zählen zu den Kriterien. Nach einem Jahr muss das Siegel jeweils neu beantragt werden.

Zusätzlich können die Fonds weitere Punkte sammeln: Setzt sich zum Beispiel auch die Fondsgesellschaft für Nachhaltigkeit ein, kann das ausgezeichnet werden. Positiv bewertet wird auch, wenn der Fonds nachhaltiges Wirtschaften mit seinen Investitionen fördert und die SRI-Produktstandards hoch sind. SRI steht für „Socially Responsible Investment“, also gesellschaftlich verantwortliche Kapitalanlage.

Für Thomas Pfister von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist das Siegel des FNG zumindest ein erster Schritt. „Das geht in die richtige Richtung“, sagt der Experte. „Aber ein solches Siegel sollte es auch für andere Anlageprodukte geben.“ Daneben wäre es aus seiner Sicht wünschenswert, die Kriterien für ein solches Siegel zu verfeinern und ein unabhängiges Prüfsystem zu installieren.