Augen nach unten: Spuren von Wildtieren finden sich überall
Neuss (dpa/tmn) - Ein Abdruck im Matsch, ein angeknabberter Fichtenzapfen oder der Geruch nach Suppenwürze: Wer genau hinguckt, lauscht und riecht, entdeckt an viele Orten Spuren von Wildtieren. Herbst und Winter sind ideal, um auf die Suche zu gehen.
Rehe knabbern Knospen an, Siebenschläfer nagen und Spechte hinterlassen Hackspuren am ganzen Baum. „Spuren sind überall, wo die Tiere Nahrung finden“, sagt Buchautor Hans-Jörg Kriebel aus Neuss. Selbst in Großstädten lässt sich in Parks, auf Spielplätzen oder rund um Mülleimer auf Fährtenjagd gehen.
Auch im Garten werden Spurenleser fündig: Hier lassen sich Grüße von Igeln, Mardern, Maulwürfen, Katzen oder Vögeln entdecken. Wer mit offenen Augen unterwegs ist, finde viele Spuren, erklärt Dietmar Ebi, Gebietsförster in Adenau. Seltener sind in Deutschland Spuren von Fischottern, Luchsen oder Wölfen zu finden.
„Sie sind Raritäten, nicht einfach zu erkennen und von Haustierspuren zu unterscheiden“, sagt Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Berlin. Trittspuren findet man meist, wo der Boden unbewachsen ist. Im Schlamm, am Rand von Pfützen und im Schnee sind sie gut zu erkennen, sagt der NABU-Zoologe.
Daher eignet sich die feuchte Witterung im Spätherbst besonders, um mit dem Fährtenlesen zu beginnen. Doch eine Spur muss nicht immer ein Abdruck im Matsch sein. „Auch an abgeknickten Ästen oder an Fraß-Spuren kann man erkennen, dass Wildtiere vorbeigekommen sind“, erklärt Manuel Pützstück von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg.
Pflanzenfresser hinterlassen an Eicheln, Kastanien oder Bucheckern unterschiedliche Spuren. „So knackt ein Specht eine Haselnuss anders als ein Eichhörnchen oder eine Waldmaus“, sagt Pützstück.
Wer frisst, muss verdauen. Die Losung, wie der Wildtierkot genannt wird, ist ebenfalls geeignet, um Tieren auf die Spur zu kommen. „Die Fuchslosung sieht einer in eine Spitze auslaufenden Wurst ähnlich, die Reste von Beeren und Käfern und Haare der letzten Beute enthält“, erklärt Ebi.
Das Wildschwein verrät sich gleich mehrfach. So beseitigt es Parasiten aus seinem Fell durch ein Schlammbad. „Wenn der Schlamm angetrocknet ist, reibt es sich ihn an einem Baum aus dem Fell“, sagt Ebi. Die Matschreste sind ebenso Wildschweinzeichen wie ein typischer Geruch. „Wer denkt, hier hat jemand eine Flasche Maggi ausgekippt, ist einem Wildschwein auf der Spur.“
In der Fachsprache wird ein Fußabdruck Trittsiegel genannt. Bei Trittsiegeln von Rehen und Wildschweinen spricht man von einer Fährte, bei Vögeln von Geläufen. Alle anderen, etwa von Hase, Fuchs und Dachs, werden als Spur bezeichnet. Der Fuchs setzt seine Tritte der Vorder- und Hinterläufe in einer Reihe ineinander. Der Steinmarder hüpft mit den Hinter- in die Tritte der Vorderläufe. „Man erkennt nur zwei Trittsiegel, die nebeneinander liegen“, erklärt Pützstück.
Um Trittsiegel zu analysieren, müssen Fährtenleser darauf achten, wie groß sie sind, welche Form sie haben und wie weit sie auseinander liegen. Die Tiefe sagt etwas über das Gewicht des Tieres. Ist ein Tier gemütlich gegangen oder geflohen? Die Anordnung der Trittsiegel verrät es. Selbst Alter und Geschlecht lassen sich herauslesen. Ein Streichholz kann helfen, die Größe der Trittsiegels zu bestimmen. „Das eines Rehs ist genau so groß wie eine Streichholzlänge“, sagt Pützstück.
Literatur:
Hans-Jörg Kriebel: Wie lerne ich Spurenlesen? Ein praktischer Ratgeber zur Wiederentdeckung einer alten Kunst. Books on Demand. 112 Seiten, 14,90 Euro, ISBN-13: 9783833496394.