Blutdrucksenker und Eisbrecher: Warum Tiere Menschen guttun
Berlin (dpa/tmn) - Tierhalter können meist stundenlang von ihren Vierbeinern erzählen und Fotostrecken präsentieren. Studien zeigen, dass die Fürsorge für Hund, Katze und Kaninchen aber noch mehr bringt: Besitzer sind fitter, glücklicher und finden leichter Anschluss.
„Tiere tun gut“ heißt es immer wieder. Klar, mit dem Hund draußen herumzuspazieren, kann nicht schaden. Aber was ist wirklich dran an der These? Tatsächlich gibt es einige Studien, die positive Auswirkungen von Tieren auf Menschen festgestellt haben.
„Jahrzehntelang dominierte ein sozialpsychologischer Forschungsansatz, der bestimmte Effekte von Heimtieren auf ihre Halter untersuchte“, sagt Detlev Nolte, Generalsekretär des Forschungskreises Heimtiere in der Gesellschaft in Bremen. Die Ergebnisse stützten sich vor allem auf Befragungen und Beobachtungen. Langsam hätten sich aber auch naturwissenschaftlich basierte Forschungsansätze entwickelt.
Heute gibt es zahlreiche Indizien dafür, dass Haustiere ihren Haltern gut tun - in vieler Hinsicht. Da sind zum Beispiel die physischen Effekte, also die körperlichen Auswirkungen auf Tierbesitzer. Einer ist ziemlich offensichtlich, deswegen aber nicht weniger wichtig: „Einer Untersuchung von US-Wissenschaftlern zufolge reichen 150 Minuten Bewegung pro Woche aus, um einen positiven Effekt auf das Herz-Kreislauf-System zu haben“, erklärt der Kardiologe Ralf Jordan, Chefarzt der Klinik für Kardiologische Rehabilitation und Prävention in Duisburg. Hundebesitzer erreichen diese Zeit eher als Menschen ohne Hund.
Außerdem haben Menschen, die sich jeden Tag an der frischen Luft bewegen, Studien zufolge ein stärkeres Immunsystem. „Ein Hund zwingt zum regelmäßigen Rausgehen, doch auch Menschen, die ein Pferd haben oder versorgen, müssen immer wieder raus aus ihrer Wohnung“, sagt Udo Kopernik, Sprecher des Verbandes für das Deutsche Hundewesen in Dortmund.
Man muss aber nicht immer die eigenen vier Wände verlassen. „Es ist mittlerweile belegt, dass die reine Anwesenheit von Tieren und vor allem das Streicheln sehr helfen, den Blutdruck und die Herzfrequenz der Menschen zu senken“, sagt der Kardiologe Jordan. Das sympathische Nervensystem sei weniger aktiv, weswegen weniger Stresshormone wie Adrenalin ausgeschüttet werden. Für Goldfische gilt das allerdings weniger als für Hunde, Katzen oder Kleintiere.
„Mehrere Forscher haben auch herausgefunden, dass körperliche Aktivität chronische Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Bluthochdruck und chronische Bronchitis positiv beeinflusst“, sagt Jordan. Sich mit Tieren zu bewegen, könne dazu beitragen. Krankheiten blieben öfter auf einem konstanten Niveau, und die Anzahl und Intensität von Anfällen wie bei Bronchitis könnten reduziert werden.
Neben den physischen Auswirkungen können Tiere darüber hinaus der Psyche guttun. Hier gilt vor allem: Wer alleine wohnt und ein Haustier hat, fühlt sich nicht nur weniger einsam, sondern findet tatsächlich leichter Anschluss an andere Menschen. Das haben verschiedene Studien nachgewiesen. „Tiere können die Funktion eines Eisbrechers haben und Kontakte im sozialen Umfeld erleichtern“, beschreibt Detlev Nolte das Phänomen.
Wer mit dem Hund draußen spazieren geht, wird eher angesprochen, als wenn er nur zwei Einkaufstüten nach Hause schleppt. Wer im Seniorenwohnheim einen Wellensittich hält, bekommt eher Besuch von Mitbewohnern, und eine Katze macht vielleicht auch Nachbarn im sonst so anonymen Mehrfamilienhaus neugierig. „Tiere schaffen einen unverfänglichen Anlass für ein Gespräch“, sagt Nolte. „Ich kann einfach fragen, wie es dem Vogel heute geht und so ins Gespräch kommen.“
Hinzu kommt das gute Gefühl, von seinem Tier gebraucht zu werden. „Das tut jedem Menschen gut“, sagt Kopernik. Gerade ältere Menschen, die nach vielen Jahren aus dem Beruf ausscheiden oder Eltern, deren Haus ohne Kinder auf einmal so leer wirkt, empfänden ein Tier häufig als sehr angenehm.
Ähnliches gilt möglicherweise für kranke Menschen: „Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass ein Tier eine zusätzliche Motivation sein kann, um wieder auf die Beine zu kommen“, sagt Kopernik. Das könne vergleichbar mit kleinen Kindern sein, die versorgt werden müssen. „Dann jammert man eben nicht lange rum, sondern sieht zu, dass es einem schnell wieder gut geht.“
Bei Traurigkeit können Tiere ebenfalls helfen. „Unser Forschungskreis hat mal eine Untersuchung gemacht, welche Funktion Hunde bei Kindern hatten, wenn die Eltern sich scheiden ließen“, berichtet Nolte. Das Ergebnis: Hunde können dann als eine Art neutraler Dritter agieren, der sich die Sorgen einfach nur anhört ohne etwas zu erwidern. „Hunde hatten ganz klar die Funktion des Trösters und des Gesprächspartners.“ Doch auch Erwachsene fühlten sich durch Tiere oft glücklicher. „Allein die bloße Anwesenheit oder die Berührung eines Tieres kann bereits helfen, sich zu beruhigen.“