„Gee“ oder „Haw“: Die Stimme lenkt die Schlittenhunde
Schmitten (dpa/tmn) - Die Haltung von Schlittenhunden ist teuer und aufwendig, seit Jahren sind Rennen weniger gut besucht. Für Schlittenhundeführer gibt es jedoch kein schöneres Gefühl, als sich von ihren Tieren über den Schnee ziehen zu lassen.
Immer wieder bellen oder heulen Hunde, vom Start ist die Stimme des Sprechers zu hören. Der Schlittenhundeführer Michael Adler aus dem hessischen Höchst im Odenwald fummelt etwas nervös am Geschirr seiner Hunde herum. In zehn Minuten muss er beim Schlittenhunderennen auf dem Großen Feldberg bei Schmitten am Start sein, zwei seiner Huskys springen schon aufgeregt herum.
Adler ist einer der 25 Musher - so werden die Schlittenhundeführer genannt - die bei dem Rennen auf dem Feldberg mitmachen. Seit Jahren gehen die Teilnehmerzahlen an solchen Veranstaltungen zum Teil deutlich zurück. „Vor zehn Jahren hatte man noch über 120 Leute am Start. Jetzt kann man froh sein, wenn man auf 50 kommt“, sagt Sebastian Steigerwald vom Hessischen Schlittenhunde-Amateursportclub (HSSC), dem Veranstalter des Rennens.
Dass immer weniger Leute bei Schlittenhunderennen mitmachen, hat laut Steigerwald mehrere Ursachen. Der Hauptgrund: „Man muss heutzutage erstmal was finden, wo man mit so vielen Hunden wohnen darf und kann.“ Denn für diesen Sport braucht es mehrere Tiere, ein Hund alleine kann einen Wagen oder Schlitten nicht ziehen.
Günstig ist das Hobby auch nicht, das fängt schon bei der Anschaffung und der Verpflegung an. Ein Huskywelpe kostet etwa 800 Euro, die athletischen Hunde fressen viel. Hinzu kommen Versicherung, Steuer, Tierarzt und Ausrüstung. So kostet etwa ein Trainingswagen zwischen 1500 und 3000 Euro sowie ein Schlitten zwischen 500 und 2000 Euro. „Das ist aber eigentlich noch das wenigste“, erzählt Schlittenhundebesitzer Helmut Steigerwald aus dem bayerischen Wiesthal. Viel teurer sei das ganze Drumherum.
Denn das Hobby krempelt das Leben um: Manch einer muss umziehen, weil sich die Nachbarn über die Hunde beschweren. Ein großes Auto - am besten mit Allrad - muss her. Auch ein Wohnwagen, in dem Mensch und Tier während der Rennwochenenden unterkommen, gehört zur Standardausrüstung.
Die Schlittenhunde - überwiegend gehen bei den Rennen Huskys an den Start - beanspruchen außerdem vor allem in den kühleren Monaten mit Temperaturen unterhalb von 15 Grad viel Zeit von ihren Besitzern. „Drei Mal am Tag müssen sie raus, zwei Mal die Woche wird richtig trainiert. Denn ohne diesen Sport kriegt man sie eigentlich nicht müde“, sagt Adler nach dem Rennen.
Mangels Schnee müssen die Musher manchmal mit dem Wagen anstatt dem Schlitten fahren. Der knapp 60 Kilogramm schwere Wagen besteht hauptsächlich aus einem großen Sitz. Dieser ist aber nicht für den Musher gedacht - der steht dahinter auf Fußbrettern. Schlittenhunde werden nur mit Stimmkommandos wie „Gee“ („Dschi“) für rechts, „Haw“ („Ho“) für links, „Easy“ (Iiiiiisi) für langsamer oder „Whoaaah“ (Hooooo) für anhalten gelenkt. Zur Not kann der Musher aber auch mit einer Vorrichtung an seinem Wagen oder Schlitten bremsen.
In der Regel bringen sich Musher das nötige Wissen über ihren Sport selbst bei. „Leider sind die Möglichkeiten, diesen Sport zu erlernen, in Deutschland sehr beschränkt“, sagt Thomas Gut, Inhaber einer Schlittenhundeschule im bayerischen Frauenau.
Das bestätigt auch Michael Adler. Er ist seit etwa 20 Jahren dabei, jährlich fährt er vier bis sechs Rennen. Trotz aller Widrigkeiten möchte er seinen Sport nicht missen. Er schwärmt von dem „unbeschreiblichen Gefühl“, auf einem von Hunden gezogenen Schlitten über den Schnee zu gleiten.
Literatur:
Thomas Gut/Klaus Werner: Mushing, Reise Know-How Verlag, 160 Seiten, 8,90 Euro, ISBN-13: 9783831711956