Gottes Segen für Bello - Tiergottesdienste liegen im Trend
Trier (dpa) - Immer weniger Deutsche gehen in die Kirche, aber Tiergottesdienste sind voll im Trend. Denn Haustiere sind als soziale Begleiter für Menschen wichtiger denn je.
Sie kommen mit ihren Hunden, Katzen, Meerschweinchen und Schildkröten. Zur Kirche St. Valerius in Trier - zum ersten ökumenischen Tiergottesdienst in der Stadt. Auf einer großen Wiese vor dem Gotteshaus nehmen Frauchen und Herrchen auf Bänken Platz und warten auf den Segen für sich und ihre Vierbeiner. „Tiere gehören zur Schöpfung“, sagt Mönch Athanasius vom katholischen Benediktinerkloster St. Matthias in Trier, als er Hund und Katze segnet.
Sie sei gekommen, „damit die Tiere ein langes und gesundes Leben haben“, sagt Nicole Thiel mit ihrem drei Monate alten Chihuahua Lucky auf dem Arm. Und „damit sie später auch mal in den Himmel kommen“. Ursula Blumenau hat ihre Katze Mausi in einer Box dabei, „weil sie schon 15 Jahre alt ist und nicht mehr lange zu leben hat“.
Gut 100 Tierbesitzer mit mehr als 50 Vierbeinern sind gekommen. Tiersegnungen seien in der katholischen Kirche nichts Außergewöhnliches, sagt Bruder Athanasius (75). Es gebe ja auch Segnungen von Motorrädern, Autos oder Häusern. Der Tierschutzverein Trier will jetzt jedes Jahr einen Tiergottesdienst organisieren. „Für alle Leute, die Tiere in ihre Familie aufnehmen und gläubig sind, ist das eine sehr schöne Sache“, sagt die Vorsitzende Sonja Müller.
In der evangelischen Kirche dagegen würden Tiere noch etwas „stiefmütterlich behandelt“, sagt die evangelische Pfarrerin Wiltrud Bauer aus dem saarländischen Landsweiler-Schiffweiler. Ihrer Meinung nach müsse sich das ändern: „Tiere sind die besten Seelsorger, die es auf der Welt gibt. Sie wissen immer genau, wie es einem geht.“ Bauer hat Erfahrung: Unter anderem besitzt sie drei Alpakas, zwei Lamas und sieben Wachteln.
Gerade in den Ferienzeit sei es wichtig, an die Würde der Tiere zu erinnern, sagt die Leiterin der Katholischen Hochschulgemeinde Trier, Kirsten Denker-Burr. Denn da würden Tiere vermehrt ausgesetzt. „Tiere sind keine Sachen, sondern Mitgeschöpfe, für die man jederzeit optimal sorgen sollte“, sagt die Pastoralreferentin.
Tiergottesdienste gibt es an immer mehr Orten in Deutschland. Kulturanthropologin Andrea Graf aus Münster sieht darin einen Trend, der vor etwa zehn Jahren begonnen habe. Die Bedeutung von Haustieren für Menschen habe zugenommen. „Tiere haben eine zunehmend wichtige Rolle als sozialer Begleiter“, sagt die 31-Jährige. Etwa für ältere Menschen, die alleine leben, oder für Kinder, die mit Tieren groß werden. Tierhalter wollten für ihre Vierbeiner „nur das Beste“, und da gehöre neben einer guten materiellen Versorgung für manche auch „ein Segen von Oben“ dazu.
Die Idee der Tiersegnung sei nicht neu, sagt Graf. Vor mehr als 100 Jahren gab es in ländlich geprägten katholischen Regionen Segnungen für Stalltiere - um sie gegen Unheil und Krankheiten zu schützen. Denn die Nutztiere waren für die Bauern wichtig: Erkrankten oder starben sie, war auch die Existenz des Hofs zerstört. „Heute steht nicht der Nutzgedanke, sondern das Tier als Mitgeschöpf des Menschen im Fokus“, sagt Graf, die beim Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn zu dem Thema gearbeitet hat.
Heute seien die Menschen aber teils schizophren im Umgang mit Tieren, kritisiert Pfarrerin Bauer in ihrer Predigt. Nutztiere würden krank gezüchtet und für die Wurst „zerhäckselt“. Haustiere würden „gestylt, geföhnt und parfümiert, bis sie sich selbst nicht mehr riechen können“, sagt die 42-Jährige - während eine Hundebesitzerin ihren Schoßhund streichelt, dem sie zur Feier des Tages einen Kragen mit Krawatte angelegt hat.