Harte Schale, weicher Kern: Schildkrötenbabys sind Sensibelchen

Mannheim (dpa/tmn) — Sie haaren nicht und sind mit ein paar Salatblättern zufrieden? Wer Schildkröten für anspruchslos hält, täuscht sich. Vor allem Jungtiere brauchen besonders viel Pflege. Wichtig sind Wärme, Licht und ab und zu eine kleine Feuchtigkeitskur.

Sie sind kaum größer als eine Zwei-Euro-Münze. Tapsen sie mit ihren kurzen Beinchen durch die Gegend und lugen unter ihrem Panzer hervor, schlagen nicht nur Kinderherzen höher. Wer eine junge Landschildkröte als Haustier halten will, sollte sich jedoch im Klaren darüber sein, dass die Reptilien sehr alt werden — je nach Art weit über 100 Jahre. Und die Haltung ist nicht so anspruchslos, wie viele denken.

„Die Leute glauben immer, mit Schildkröten kann man nicht viel falsch machen. Es bedarf aber schon einiges an Know-How und Aufwand, damit die Haltung artgerecht ist“, sagt Maik Schilde von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde. Wenn die Bedingungen nicht stimmen, könnten Krankheiten, Missbildungen oder sogar der frühe Tod die Folge sein. Betroffen sind davon vor allem Jungtiere. Wegen ihres geringen Gewichts und der noch schwach ausgeprägten Abwehr reagieren sie um einiges empfindlicher auf Haltungsfehler.

Deshalb sollten Anfänger sich vor dem Kauf schlaumachen, etwa indem sie Bücher zur Schildkrötenhaltung lesen und sich von Züchtern oder Vereinen beraten lassen. Punkt Nummer eins auf der To-Do-Liste ist das Einrichten einer Behausung. Hier gilt für junge bereits das Gleiche wie für erwachsene Tiere: „Mit Ausnahme einiger Arten, die aus sehr heißen Ländern stammen, sollten Landschildkröten nicht im Terrarium, sondern in einem Freigehege gehalten werden“, sagt Andreas Beck von der Interessengemeinschaft Schildkrötenschutz und Nachzucht.

Dort profitieren sie von Sonne und Temperaturschwankungen, die wichtig für die wechselwarmen Tiere sind. Bei gleichmäßiger Temperatur können sie hingegen nierenkrank werden, und zu wenig UV-B-Strahlung schwächt Knochen und Panzer.

Das Gehege sollte für Jungschildkröten zwischen einem und fünf Quadratmeter groß sein. Eine Umzäunung aus Holz oder Steinen macht es ausbruchsicher. Weitere wichtige Details sind ein schildkrötengerechter Boden — etwa Gras oder Erde — und ein Gitterdach oder Netz, das sie vor Fressfeinden schützt.

Bei der Gestaltung des Geheges orientieren sich Halter am besten an der Natur. In der Behausung sollte es Pflanzen geben, die die Reptilien fressen oder als Schattenspender nutzen können. Außerdem brauchen sie Steine zum Klettern und höhlenartige Verstecke. Eine flache Wasserstelle eignet sich zum Baden und Trinken. „Und da Schildkröten keine eigene Körperwärme produzieren und es bei uns nicht so warm und sonnig ist, brauchen sie ein Schutzhaus aus Glas oder durchsichtigem Kunststoff“, erklärt Silvia Blahak von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (tvt).

Um längere Schlechtwetterperioden zu überbrücken, können Besitzer zusätzlich UV- und Wärmelampen montieren. So lassen sich künstlich Sonne und Wärme produzieren. Von Anfang November bis Mitte März sollten die Schildkröten aber nicht mehr im Freigehege sein. „Manche holen sie ins Haus und lassen sie im Terrarium überwintern. Artgerechter ist es aber, sie in Winterstarre gehen zu lassen“, sagt Schilde. Die Starre kann in einer speziell präparierten Bodengrube draußen oder in einer mit Laub und Erde gefüllten Kiste in Keller oder Kühlschrank stattfinden.

Wichtig für das Wohlergehen der kleinen Reptilien ist auch die Pflege. Dazu gehört, dass der Halter Futter- und Trinkgefäße täglich reinigt und das Gehege von Kot befreit. Außerdem dürfen die Tiere nicht austrocknen: „Es sollte immer feuchte, dunkle Ecken im Gehege geben. Und solange die Schildkröten jung sind, besprüht man sie am besten täglich mit Wasser, da sie sehr viel Feuchtigkeit brauchen“, sagt Beck. Feuchtigkeitsmangel kann sonst zu Nieren- und Panzerschäden führen.

Das Gleiche gilt für eine falsche Fütterung. „Eigentlich sollten Landschildkröten von klein auf vorwiegend mit Wildkräutern wie Löwenzahn, Spitzwegerich und Klee, sowie Gras und Heu gefüttert werden“, sagt Schilde. Tatsächlich wird ihnen aber oft Gemüse, Obst und Salat oder Fertigfutter vorgesetzt, was auf Dauer problematisch sein kann. So führt Obst wegen seines hohen Zuckeranteils zu Darmproblemen. Fertigpellets sind so eiweißreich, dass die Schildkröten übergewichtig werden und zu schnell wachsen.

Ausreichend zur Verfügung stehen sollte jungen Schildkröten allerdings Calcium, in Form von Sepia- oder Eierschalen. „Der Stoff ist wichtig für die Festigkeit von Knochen und Panzer“, sagt Blahak.

Impfungen oder besondere Untersuchungen sind bei jungen Schildkröten unnötig. Altersunabhängig sollten Halter aber regelmäßig den Stuhl der Tiere vom Tierarzt untersuchen lassen.