Hausschweine brauchen viel Zuwendung
Günzburg/München (dpa/tmn) - Ein Schwein als Haustier braucht Platz und Zuwendung - und am besten einen Artgenossen. Die Borstentiere sind soziale Wesen, die gern gemeinsam suhlen, fressen und schlafen.
Ist das gegeben, werden sie schnell zum besten Freund ihres Halters.
Ruft Oliver Pleier ihren Namen, kommt „Prinzessin“ angetrabt. Am liebsten wühlt sie im Boden, knabbert alles an oder lässt sich am Bauch kraulen. „Ich habe eine sehr enge Bindung zu ihr aufgebaut, wie zu einem Haustier“, sagt Pleier. „Prinzessin“ ist das eineinhalb Jahre alte Hängebauchschwein der Familie Pleier aus dem bayerischen Günzburg. Neben Mini-Pigs ist es vor allem diese Rasse, die nicht als Schlacht-, sondern als Haustier gehalten wird. Als knuddeliges Maskottchen im Wohnzimmer haben die Tiere aber nichts verloren. Denn Schweinehalter sollten vor allem über eines verfügen: viel Platz.
„Die Tiere dürfen auf keinen Fall in der Wohnung gehalten werden, sondern müssen genügend Platz haben, um mit ihrem Rüssel alles zu erkunden“, erklärt Elke Deininger von der Akademie für Tierschutz in München. Dazu eignet sich am besten eine große Koppel, die doppelt eingezäunt werden sollte, zum Beispiel mit einem Elektrozaun. Denn Schweine sind keinesfalls träge und faul, sondern sehr flink, wenn es ums Ausbüxen geht. Diese Erfahrung machten auch die Pleiers: „Prinzessin“ war vor einem halben Jahr weggelaufen und durch das Dorf gestreunt. Dabei löste sie sogar einen Polizei- und Feuerwehreinsatz aus, da sie fälschlicherweise für ein Wildschwein gehalten wurde.
Neben einer stabilen Einzäunung brauchen die Tiere aber mehr als nur menschliche Gesellschaft: Am besten werden sie mit mindestens einem weiteren Artgenossen gehalten. „Schweine sind soziale und gesellige Tiere“, sagt Deininger. „Auf Gemeinsamkeit wird viel Wert gelegt, sowohl bei der Futtersuche als auch beim Anlegen der Schlafnester oder beim Suhlen“, schreiben auch Beate und Leopold Peitz in ihrem Ratgeberbuch „Schweine halten“. Am besten kauft man zwei Tiere, die zusammen aufwachsen. Eine andere Möglichkeit ist, sie erst später zu vergesellschaften. Dabei klären die Tiere anfangs die Rangordnung: „Das kann dann etwas ruppig aussehen“, sagt Deininger.
Der Auslauf sollte großzügig angelegt werden: Für zwei Schweine sollte er mindestens 50 Quadratmeter umfassen. Wichtig ist auch eine gut isolierte Hütte, in die sich die Tiere zurückziehen können. „Sie sollte dick mit Stroh eingestreut werden, so dass sich die Tiere dort bei Kälte aufhalten können“, sagt Deininger. Aber auch im Sommer brauchen Schweine einen Unterstand - denn sonst gibt es leicht einen Sonnenbrand auf der Schwarte oder sogar einen Hitzschlag.
Trotz ihres ausgeprägten Suhl- und Wühlverhaltens sind Schweine sehr reinliche Tiere. Sie wählen immer nur einen Bereich zum Koten aus, den sie strikt von ihrem Liegeplatz trennen. Die Exkremente sollten jeden zweiten Tag, besser sogar täglich mit einer Mistschaufel entfernt werden, raten Beate und Leopold Peitz.
Eine Sache, mit der sich Schweine immer beschäftigen können, ist Fressen. „Die haben immer Hunger“, sagt Deininger. Halter sollten deshalb darauf achten, nicht zu energiereich zu füttern, da die Tiere schnell zunehmen. Die Allesfresser werden am besten einmal täglich mit Getreidemischfutter sowie Obst und Gemüse versorgt. Küchenabfälle und Speisereste sollten aus Schutz vor Seuchen nicht roh verfüttert werden, sondern müssen erhitzt werden. Raufutter wie Stroh und Heu sollte Schweinen uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Da die Tiere sehr intelligent sind, bauen sie rasch eine Bindung zu einer oder mehreren Bezugspersonen auf und erkennen diese am Gang. So können die Tiere auch mal zu einem Spaziergang mitgenommen werden und weichen ihren Herrchen oder Frauchen meist nicht von der Seite. Allerdings merken sie sich auch, wenn sie schlecht oder lieblos behandelt werden und quittieren dies mit Schubsen oder Zwicken.
Wer mit dem Gedanken liebäugelt, sich ein Hausschwein anzuschaffen, sollte sich auch über die Nachbarschaft Gedanken machen. „Schweine haben nicht nur einen leichten Eigengeruch, sondern auch ein lautes Organ. Deshalb lohnt es sich, vor dem Kauf auch mit den Nachbarn zu sprechen“, sagt Deininger. Zudem müsse geklärt werden, wer das Tier im Urlaub versorgt.
Denn die Tiere sind mehr als nur ein kurzfristiges Hobby: Sie können bis zu 15 Jahre alt werden. Und oft werden sie für ihre menschlichen Betreuer zu echten Freunden: So trauerte Schauspieler George Clooney wochenlang, als Hängebauchschwein „Max“ vor ein paar Jahren im Alter von 18 Jahren starb. Zu ihm habe er die „längste Beziehung“ gehabt.
Service:
Peitz, Beate und Leopold: Schweine halten, Ulmer, 151 S., 29,90 Euro , ISBN-13 9783800153619.