Mit Leine und viel Vorsicht - Gassi gehen mit der Katze

Neubiberg (dpa/tmn) - Sie kauert sich hinter den Busch, der Körper spannt sich, dann setzt sie zum Sprung an. Gärten, Wiesen und Felder sind für Katzen der ideale Lebensraum - egal ob zum Mäusefang, Spielen oder einfach nur Faulenzen.

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Doch was, wenn Herrchen und Frauchen in der Großstadt wohnen?

„Der Freigang ist immer zu bevorzugen“, sagt Sophie Arnold von der Deutschen Tierschutzakademie. Spaziergänge mit Geschirr und Leine können aber eine Alternative sein - unter bestimmten Voraussetzungen. „Prinzipiell muss man dem Ganzen kritisch gegenüber stehen“, meint Arnold. Denn beim Spaziergang mit Leine können Katzen ihre natürlichen Triebe und Bewegungsmuster nicht so ausleben wie beim Freilauf.

Findet das Tier Gefallen an der Welt außerhalb des Wohnzimmers, kann das Nebenwirkungen haben: „Wenn Katzen einmal draußen waren, kann es sein, dass sie das immer wieder einfordern“, sagt die Tierärztin. Unwohlsein und Protestverhalten wie Maunzen, an Möbeln kratzen oder in die Wohnung urinieren sind mögliche Folgen.

Außerdem hat jede Katze ihren eigenen Charakter. Nur weil Herrchen oder Frauchen gemeinsam spazieren gehen möchten, gilt das nicht unbedingt für ihr Haustier. „Eine Katze, die von klein auf an die Wohnungshaltung gewöhnt ist, vermisst nichts“, sagt Birgitt Thiesmann vom Tierschutzverein Vier Pfoten. Bevor Besitzer das Experiment mit der Leine wagen, sollten sie überlegen, ob das für das Tier überhaupt das Richtige ist.

„Selbstbewusste und zugängliche Tiere, die auch auf fremde Menschen und Gegenstände schnell zugehen, lassen sich an eine Leine gewöhnen“, erklärt Tierpsychologin Tanja Reinschmidt aus Nauheim. Für ängstliche und unsichere Tiere birgt die Leine dagegen eher Gefahren. Erschrecken sie sich beim Spaziergang, können sie sich verletzen oder sogar erdrosseln.

Diese Gefahr besteht vor allem, wenn die Leine nur an einem Halsband befestigt ist. Besser ist ein Geschirr, das passgenau sitzt - also nicht zu locker ist und nicht einschnürt. „Dafür muss man die Katze ausmessen, Ware von der Stange empfehle ich nicht“, sagt Tierpsychologin Reinschmidt.

Ist das richtige Modell gefunden, müssen Besitzer behutsam vorgehen. „Das Anlegen des Geschirrs muss man stückchenweise trainieren“, erklärt Reinschmidt. Also: Zunächst die Leine nur zeigen, dann mit dem Geschirr in die Nähe der Katze gehen, die Nase hindurch stecken und schließlich das ganze Geschirr überziehen. „Das findet erstmal keine Katze toll“, sagt die Tierpsychologin. Am besten funktioniere es mit Hilfe positiver Verstärkung, zum Beispiel mit Leckerlis. Bis die Katze den neuen Gegenstand an ihrem Körper akzeptiert, kann es gut zwei bis vier Wochen dauern.

Lässt sich das Tier schließlich entspannt in der Wohnung spazieren führen, können Besitzer beginnen, nach draußen zu gehen. Am ersten Tag reichen ein paar Schritte vor die Tür. Beim nächsten Mal kann es dann einige Meter weiter gehen, bis hin zu größeren Ausflügen. Der Halter muss die Katze aber vor dem ersten Spaziergang impfen, kastrieren und kennzeichnen lassen.

Eine ruhige Wiese ohne Hunde und mit wenig Bäumen oder Sträuchern eignet sich am besten für die ersten Schritte im Grünen. „Dafür sollte man die Katze in einen Korb oder eine Transportbox packen“, empfiehlt Heimtierexpertin Thiesmann. Von da aus kann sich das Tier die fremde Umgebung zunächst in Ruhe ansehen. Außerdem bietet ein Korb Zuflucht vor Hunden oder aggressiven Artgenossen. Bei einem Angriff sollte der Halter die Katze aber keinesfalls auf den Arm nehmen oder die Leine loslassen, sagt Thiesmann. Verheddert sich das panische Tier mit dem Geschirr im Gebüsch, kann es sich schwer verletzen.

Dem Besitzer muss aber klar sein, dass der eigentliche Spaziergang bei Katzen etwas anders abläuft als bei Hunden. „Katzen sind Hürdenläufer. Sie haben ein ganz anderes Bewegungsmuster als Hunde“, erklärt Tierpsychologin Reinschmidt. Am liebsten laufen sie von Versteck zu Versteck, beobachten viel und wählen gerne erhöhte Punkte wie Mäuerchen, Holzstapel oder Gartenmöbel als Laufstrecke. Das sollte man auch zulassen, meint Tierärztin Arnold: „Nicht der Mensch führt hier, sondern die Katze.“