Schlangen bringen ein Stück Wildnis ins Haus
Hamburg (dpa/tmn) - Zum Kuscheln sind sie nicht geeignet, Anfänger tun sich schwer mit ihnen: Schlangen verlangen ihrem Besitzer viel Erfahrung ab. Vor einem Kauf sollten sich Liebhaber der Reptilien deshalb bei Züchtern gut über Terrariengröße und Futtervorlieben informieren.
Sie wirken geheimnisvoll, unnahbar und mitunter auch gefährlich: Schlangen bringen ein Stück Wildnis in die Wohnung. Im Unterschied zu vielen anderen Haustieren sind Schlangen aber keine Schmusetiere. Trotzdem leben nach Schätzungen von Experten einige hunderttausend Exemplare in deutschen Terrarien.
Tierhaltung setzt Fachwissen voraus. Das gilt für Hund und Katze ebenso wie für Hamster, Kaninchen und Ziervögel. „Wer sich für ein Tier entscheidet, sollte sich immer gut informieren. Und bei Schlangen geht erst recht nichts ohne Beratung“, sagt Jörg Turk vom Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF). Vor allem von Spontankäufen raten Fachleute dringend ab.
„Sie haben häufig kein Happy End. Im besten Falle landet das Tier später bei einem erfahrenen Terrarianer, im schlechtesten Fall stirbt es, weil sich der Käufer vorher zu wenig über die Bedürfnisse und Ansprüche der Schlange informiert hat“, sagt der Diplombiologe Marcel Hoffmann. Er hat ein Handbuch zur Schlangenpflege geschrieben und betreibt eines der führenden Schlangenportale im Internet.
Hoffmann freut sich über das gewachsene Interesse an der Haltung von Schlangen als Haustiere. „Diese Entwicklung ist natürlich sehr erfreulich, solange dieses Interesse damit begründet ist, die Reptilien besser kennenzulernen und ihnen einen artgerechten Lebensraum zu bieten, in dem sie sich wohlfühlen.“
Ganz anders sieht das die Tierrechtsorganisation PETA. „Schlangen sind und bleiben Wildtiere und sind hochempfindlich“, sagt PETA-Mitarbeiterin Carola Schmitt. „Exotische Tiere gehören in Freiheit - nicht ins Wohnzimmer.“ Die Tierheime seien überfüllt, und es müsse bedacht werden, dass Tiere keine Ware, sondern Lebewesen sind.
Dem ist sich Marcel Hoffmann durchaus bewusst: „Der Kauf eines Tieres sollte immer sorgfältig überlegt sein und am besten mit Hilfe eines erfahrenen Terrarianers bei einem Privat- oder Hobbyzüchter erfolgen. Der kann einen später noch mit Rat und Tat unterstützen“, rät er in seinem Internetauftritt.
Damit Tiere nicht in die Hände unqualifizierter Halter kommen, haben die Mitgliedsfirmen des ZZF schon vor vielen Jahren eine „Rote Liste-Tierschutz“ erarbeitet und Selbstbeschränkungen für den Handel mit Heimtieren festgelegt. Ein „Roter Punkt“ soll darauf hinweisen, welche Tiere für die Haustierhaltung nur bedingt geeignet sind. „Wenn Sie also bei Ihrem nächsten Besuch in einem Zoofachgeschäft einen solchen Punkt sehen, fragen Sie genau nach“, rät Turk. Grundsätzlich bieten die Fachgeschäfte keine Giftschlangen an.
Für Schlangenhalter, die ihr Hobby mit Elan und dem nötigen Fachwissen betreiben, sind die Mahnungen Selbstverständlichkeiten. „Zum Beispiel gehört die entsprechende Größe des Terrariums ebenso wie die richtige Temperatur und die angemessene Luftfeuchtigkeit zu den Grundvoraussetzungen“, erläutert Hoffmann. „Natürlich ist auch das richtige Futter ein wichtiger Punkt. Einige Schlangen verlangen Lebendfutter - aber eine solche Fütterung ist nicht jedermanns Sache.“
Zu den am meisten verbreiteten Schlangen in deutschen Privatwohnungen zählen nach Erfahrungen des Experten die farblich besonders attraktive Kornnatter, der Königspython und die Boa Constrictor, die je nach Unterart schnell mehr als drei Meter lang werden kann.
Schlangen-Experte Hoffmann ist sich sicher, dass auch private Terrarienbesitzer Reptilien und insbesondere Schlangen durchaus art- und tiergerecht halten können. „Im Sinne des Naturschutzes sollte man jedoch nur auf nachgezüchtete Exemplare zurückgreifen und sich vor dem Kauf umfassend über die gewählte Tierart informieren“, appelliert der Biologe. „Aber das gilt im gleichen Maße natürlich auch für jedes andere Haustier - allerdings sind die meisten Reptilien deutlich empfindlicher als Hund, Katze und Maus.“
Ein Anfänger könne nur schwer erkennen, ob sich ein Tier wohlfühlt oder nicht. „Die meisten ernsthaften Terrarianer aber interessieren sich nicht zuletzt deshalb so sehr für die Tiere, weil vielen bewusst geworden ist, wie bedroht die natürlichen Lebensräume vieler Arten mittlerweile sind.“
Literatur:
Marcel Hoffmann: Schlangenpflege. Bede. ISBN 13: 978-3898601351, 144 Seiten, 19,80 Euro.