Artenschutz und Gefangenschaft Was Zoobesucher bedenken sollten
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Sie sind beliebte Ausflugsziele - aber auch das Ziel der Proteste von Tierschützern. Die Meinung der radikalsten Zoogegner: Zoos gehören abgeschafft. Denn wilde Tiere dürften nicht in Gefangenschaft gehalten werden, in den Zoos würden sie zum Schauobjekt degradiert.
Der Verband deutscher Zoodirektoren hält dagegen: Die Wildbahn sei auch nicht gleichbedeutend mit Freiheit. Diese wird durch Feinde und der Zerstörung der Lebensräume eingeschränkt.
„Wenn Tiere vernünftig gehalten werden, fühlen sie sich nicht eingesperrt, sondern als Territoriumsbesitzer“, sagt der Direktor des Zoos in Frankfurt, Prof. Manfred Niekisch. Dass in allen deutschen Zoos die Tiere vernünftig gehalten werden, behauptet er jedoch auch nicht. Zumal der Begriff Zoo weit gefasst ist. So darf sich in Deutschland fast jede Einrichtung nennen, die Wildtiere präsentiert. „Unsere größten Feinde sind diejenigen Zoos, die nicht willig sind, die Haltung zu verbessern“, meint Prof. Niekisch.
Nicht nur radikale Tierschützer kritisieren Zoos, auch weniger vehemente Verbände haben an der dortigen Tierhaltung einiges auszusetzen. So lehnt etwa der Deutsche Tierschutzbund die Haltung von wilden Tieren in solchen Anlagen zwar nicht generell ab. Aber es gebe Tiere, die dort einfach nicht artgerecht leben könnten, sagt Pressesprecher Marius Tünte. Dazu gehörten Zuschauermagnete wie Eisbären oder Delfine.
„Selbst die größten Außengehege schränken den natürlichen Bewegungsdrang der Tiere extrem ein“, sagt Tünte über die Haltung der wanderfreudigen Eisbären. Diese laufen in der Wildnis täglich bis zu 50 Kilometer weit. Ihr Revier hat eine Größe von fast 150 Quadratkilometern. Delfine legen ebenfalls täglich viele Kilometer zurück und leben in großen Verbänden - auch dies sei in Zoos nicht möglich. Umweltschützer sehen das ähnlich: „Delfinarien sind nur Schwimmbecken. Die Tiere sind dort sehr eingeengt, das ist keine artgerechte Haltung“, kritisiert Roland Gramling vom WWF in Berlin.
Weitere Kritikpunkte der Verbände sind generell zu kleine Flächen für die Tierhaltung. Außerdem bieten die Gehege den Bewohnern zu wenig Abwechslung, und es gibt kaum Rückzugsmöglichkeiten. „Zum Beispiel für Gorillas bedeutet der direkte Blickkontakt mit Besuchern eine Provokation und damit Stress“, sagt Tünte. Bemängeln kann man vielerorts auch die fehlende oder falsche Gesellschaft der Tiere, eine schlechte Ernährung und Langeweile.
Mögliche Auswirkungen mangelhafter Haltung kann jeder Laie erkennen, denn sie kann zu Verhaltensstörungen führen. Dazu gehören Stereotypen, also etwa das ständige Hin- und Herlaufen. Manche Tiere putzen und kratzen sich übermäßig, sie lecken Stangen ab, verstümmeln sich selbst oder spielen mit den eigenen Exkrementen.
Doch generell hat sich in den Zoos schon viel getan, um die Haltung der Tiere zu verbessern. Käfige und Anlagen, wie sie noch vor einigen Jahrzehnten gebaut wurden, sind heute nicht mehr denkbar. Die Tiere sollen sich in ihrem Zuhause wohlfühlen. Vermehrt wird auch versucht, mehrere Tierarten zusammen zu halten. So sollen die natürlichen Lebensräume imitiert werden, außerdem wird so für Abwechslung gesorgt. In den modernen Anlagen können sich die Tiere zurückziehen, auch auf ihre sonstigen Bedürfnisse wird Rücksicht genommen. So leben zum Beispiel im Kronberger Opel-Zoo die Elefanten nun in einer neuen, größeren Anlage. Früher mussten sie die Nächte angekettet in einem Gebäude verbringen.
Manche Zoos machen keinen Hehl daraus, dass sie bei einigen Tieren große Probleme mit einer guten Haltung haben - und ziehen daraus ihre Konsequenzen. So beherbergt der Opel-Zoo nun keine Flusspferde in seiner veralteten Anlage mehr. Der Bulle Max zog nach dem Tod seiner langjährigen Gefährtin Tana in den Zoo nach Hannover um, damit er nicht alleine leben muss.
Mit einem ähnlichen Problem plagt sich der Frankfurter Zoo herum: „Unser Flusspferdehaus aus den 1950er Jahren ist kein Glanzstück. Dort lebt ein einzelnes Flusspferd, das ist nicht gut“, räumt Direktor Prof. Niekisch ein. Das Problem: Das Tier kann nicht gemeinsam mit anderen Flusspferden gehalten werden. Leben Tiere in veralteten Anlagen, gibt es einen Bestandsschutz. Die Tiere dürfen dort bis zu ihrem Tod bleiben, es dürfen aber keine neuen Tiere einziehen.
Dass Zoos auch einen hohen Nutzen haben, sehen auch Tier- und Umweltverbände. Laut WWF verdanken Tierarten wie das Przewalski-Pferd oder das Goldene Löwenäffchen dem Engagement von Zoos ihr Überleben. Es gibt auch gemeinsame Aktionen von Verbänden und zoologischen Gärten. So engagiert sich zum Beispiel der WWF gemeinsam mit dem Zoo Leipzig für gefährdete Leoparden in Russland. Seriöse Zoos hätten eine Schlüsselfunktion, die für den Tier- und Umweltschutz nicht zu unterschätzen sei, erklärt Roland Gramling vom WWF: „Die Zootiere sind auch Botschafter. Denn Menschen schützen, was sie kennen und lieben.“