Zurück aus der Winterstarre: Schildkröten an Wärme gewöhnen

Leipzig (dpa/tmn) - Sobald es draußen wärmer wird, beenden Schildkröten ihre Winterruhe. Um sie auf die wache Phase einzustimmen, sollten Halter die Tiere in ein wärmeres Zimmer bringen und baden. Im gut gesicherten Gehege können sie dann den Sommer draußen verbringen.

Fünf Monate Ruhe sind genug - wenn es wärmer wird, wachen Schildkröten aus dem Winterschlaf auf. Die graue Jahreszeit haben sie in einer Kiste verbracht, meist im kühlen Keller oder sogar im Kühlschrank. Letzteres hört sich für Laien grausam an, ist aber nach Auskunft von Experten völlig in Ordnung. „Bei fünf Grad im Kühlschrank ist optimal“, sagt etwa der Tierarzt Michael Pees von der Klinik für Vögel und Reptilien an der Universität Leipzig. Viel kälter darf es nicht werden, ansonsten drohen Erfrierungen.

Schildkröten brauchen ihren winterlichen Schlaf, der eigentlich eine Winterstarre ist, weil sie in der Natur sonst nicht überleben könnten. In der kalten Jahreszeit finden sie nichts zum Futtern, keine Sonne wärmt sie. Deshalb ziehen sie sich zurück - auch wenn sie als Haustier im Winter genug zu fressen bekämen. Doch eine Schildkröte ohne Winterstarre wird auf die Dauer träge. Wenn die Tage kürzer werden, fährt ihr Körper Atmung, Bewegung und Stoffwechsel nach unten. Das Herz schlägt nur noch einmal in der Minute. Ab und zu sollten Besitzer aber nach ihr schauen, außerdem sollte das Tier öfters auf die Waage gesetzt werden. „Sie darf etwa acht bis zehn Prozent an Gewicht verlieren“, erklärt Pees. „Wird es mehr, muss die Winterstarre abgebrochen werden.“

Wenn die Schildkröte durchschläft und im Frühling aufwacht, wird ihre Kiste zunächst am besten in einen wärmeren Raum gestellt. „Um sie richtig wach zu kriegen und den Stoffwechsel anzuregen, sollte die Schildkröte gebadet werden“, rät der Magdeburger Tierarzt Klaus Kutschmann. Dazu wird das Tier in ein Becken mit warmem Wasser gesetzt und vorsichtig damit benetzt. Anschließend darf es wieder in seine gewohnte Umgebung zurück, in der es möglichst sein Lieblingsfutter als erste Mahlzeit finden sollte.

Im Sommer können Schildkröten im Freien gehalten werden. Allerdings sollten sie in einem Gehege untergebracht werden, in dem ihnen Greifvögel, Hunde, Katzen oder Ratten nichts antun können. Außerdem kommt eine Schildkröte zwar langsam, aber stetig voran: Sie kann leicht entwischen. „Auf keinen Fall darf ihr Panzer angebohrt und ein Strick durchgezogen werden. Das ist Tierquälerei“, warnt Kutschmann. Denn der Panzer der Schildkröte ist nicht tot wie etwa der Fingernagel bei Menschen, sondern sehr empfindlich.

In ihrem Zuhause sollte die Schildkröte die Möglichkeit haben, sich an einen kühlen Platz zurückzuziehen, wenn es ihr zu heiß wird. Andererseits benötigt sie als wechselwarmes Tier dringend genügend Licht und Wärme, um überhaupt auf Betriebstemperatur zu kommen.

Wenn alles gut läuft, kann ein solches Tier locker über 60 Jahre alt werden. Wenn sich also ein Erwachsener eine Schildkröte kauft, wird diese ihn vermutlich überleben. Der Deutsche Tierschutzbund in Bonn ist auch aus diesem Grund kein Fan davon, wenn Schildkröten privat gehalten werden. Die Haltung sei anspruchsvoll und könne bei Unkenntnis leicht zur Tierquälerei werden, sagt Marius Tünte.

Außerdem wird laut Tünte die endgültige Größe eines Tieres beim Kauf leicht unterschätzt. „Zum Beispiel werden Schnappschildkröten mit einem Panzerdurchschnitt von knapp 10 Zentimetern verkauft. Einige Monate später sind sie stattliche 50 Zentimeter groß und 25 Kilogramm schwer“, sagt er.

Als Resultat von unbedachten Käufen werden Schildkröten ins Tierheim gebracht oder ausgesetzt, wenn sie zu groß fürs heimatliche Terrarium geworden sind. „Mit den meisten Landschildkröten darf gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt gehandelt werden“, sagt Tünte. Er rät, vor einem Kauf bei der Naturschutzbehörde nachzufragen. Außerdem sollten sich Halter rechtzeitig nach einem Tierarzt umschauen, der sich mit Reptilien auskennt.

„Dafür ist schon Spezialwissen erforderlich“, sagt auch der Tierarzt Kutschmann. Wird eine Schildkröte krank, liegt das seiner Erfahrung nach meist an einer falschen Haltung. So können Weibchen etwa ihre Eier nicht legen, weil es zu kalt ist. Oder sie verletzen sich am Panzer, weil ihr Schnabel und die Nägel zu lang sind. Auch bei der Ernährung kann einiges falsch gemacht werden. „Sie fressen alles Grüne“, sagt Kutschmann. So zum Beispiel Brennnesseln, Löwenzahn und Gänseblumen. Obst sollte nur sehr selten gefüttert werden, da es viel Zucker enthält. Tierische Produkte sind tabu, sehr wichtig ist dagegen Calcium, das die Schildkröte für ihren Panzer braucht.