Mini-Kreuzfahrten zum Ausprobieren
Hamburg (dpa/tmn) - Der Gedanke an eine Seereise ist für manche gar nicht lustig. Die Angst vor Seekrankheit oft groß. Doch wer gerne einmal ausprobieren möchte, wie ihm eine Schiffsreise bekommt, kann sich eine Mini-Kreuzfahrt gönnen.
Eigentlich wollte Eva Grote schon immer gern einmal auf Kreuzfahrt gehen. Doch die Erinnerung an eine Überfahrt mit der Fähre nach England vor immerhin vier Jahrzehnten hielt sie bisher zurück. Jetzt, mit 61, riss sie allen Mut zusammen und buchte eine Mini-Kreuzfahrt. Kiel - Oslo und zurück in drei Tagen. Die Hamburgerin liegt damit voll im Trend.
Eine viertel Million Deutsche haben das Schnupper-Kreuzfahrt-Angebot im vergangenen Jahr allein auf der Strecke Kiel - Oslo genutzt. Dort verkehren täglich die Schiffe „Color Magic“ und „Color Fantasy“ der Color Line - beide 224 Meter lange Riesen mit Platz für rund 2700 Passagiere und 550 beziehungsweise 750 Autos, beide eine Kombination aus Fähre und Kreuzfahrtschiff. Aber auch die traditionellen Kreuzfahrtschiffe - zum Beispiel von Aida oder Tui Cruises - gehen zwischendurch immer wieder auf Kurzfahrt.
40 Stunden ist Eva Grote auf See - 20 Stunden hin, 20 Stunden zurück, dazwischen ein paar Stunden Landgang in Norwegens Hauptstadt. Noch mit etwas gemischten Gefühlen betritt sie am Kieler Norwegenkai die „Color Magic“. Die Gedanken an Seegang und dessen Folgen werden schnell überdeckt von den ersten Eindrücken. Mehr als ein Dutzend Restaurants und Bars, das Aqualand, das Spa und Fitness-Center, kleine und große Läden sowie der zollfreie Supermarkt, zwischendurch ein Abstecher auf das Sonnendeck - für Ablenkung ist gesorgt. Und der Magen spielt mit.
Auch der Abend gestaltet sich behaglich: Ein Büfett vom Feinsten, später ein Drink im gemütlichen Pub, ein Blick in den Show-Raum, zu guter Letzt noch das „Nachtjournal“ auf dem Fernseher in der Kabine - dann ein entspannter Schlaf. Kein Schaukeln, kein Schiffsdieselgeruch. Am anderen Morgen genießt die Kreuzfahrt-Anfängerin ein opulentes Frühstücksbüfett. Mit 18 Knoten nähert sich die „Color Magic“ Oslo. Auf die Minute pünktlich um 10.00 Uhr legt das Schiff an. In vier Stunden geht es zurück nach Kiel.
Die Rückreise verläuft so problemlos wie die Hinfahrt. An Bord des norwegischen Schiffes hat sich die 61-Jährige längst eingelebt und kennt sich gut aus - auch mit den hohen Preisen. Ein Campari-Orange kostet immerhin 72 Kronen, umgerechnet 9,25 Euro, ein großes Bier 49 Kronen - 6,30 Euro. Aber das hat nichts, wie Eva Grote bei ihrem Stadtrundgang in Oslo gemerkt hat, mit dem Schiff zu tun - das sind Norwegens Preise.
„Nicht nur Anfänger buchen solche Schnupper-Kreuzfahrten“, sagt Color-Line-Sprecher John Will. „Auch erfahrene Kreuzfahrer, die zwischendurch einmal wieder Seeluft schnuppern wollen, sind unsere Gäste.“ Ähnliche Erfahrungen haben auch andere Reedereien und Reiseanbieter gemacht. „Viele kennen Club- oder Wellnessurlaub und wollen einmal testen, wie sich eine Kreuzfahrt anfühlt“, sagt beispielsweise Sabine Lüke von Tui Cruises. Entsprechende vier- oder fünftägige Mini-Kreuzfahrten mit „Mein Schiff 1“ und „Mein Schiff 2“ würden bestens angenommen.
Auch Aida Cruises hat längst die Mini-Kreuzfahrten als eigenen Markt ausgemacht. „Manche nutzen das als Zweit- oder Drittreise, gönnen sich eine Wellnessreise oder nutzen die Angebote für eine Städtetour“, sagt Aida-Sprecherin Kathrin Heitmann. „Aber wir haben auch viele ,Ersttäter'.“ Beliebt sind vor allem Reisen mit Start in den deutschen Häfen Kiel, Warnemünde und Hamburg.
Oft, so berichtet Kathrin Heitmann, helfen die Schnuppertouren, die bekannten Vorurteile gegen Kreuzfahrten abzubauen. „Die neuen Gäste sind dann ganz erstaunt, dass sie zum Beispiel nicht nur ältere Passagiere treffen, dass es keine strenge Kleidervorschrift gibt, dass das Ganze kein Luxus ist - und auch, dass das Schiff nicht schaukelt. Die großen Schiffe haben alle Stabilisatoren, entsprechenden Tiefgang und fahren sehr ruhig.“
Dass eine Seereise durchaus entspannend sein kann - davon hat sich auch Eva Grote auf ihrer Reise von Kiel nach Oslo und zurück überzeugt. „Vielleicht wage ich beim nächsten Mal eine längere Kreuzfahrt“, ist ihr Resümee. „Aber natürlich werde ich mich gut beraten lassen, wo die Chance auf ruhiges Fahrwasser am größten ist.“