Auf der Spur von Namibias Wüsten-Nashörnern
Palmwag (dpa/tmn) - Lange wurden die Nashörner in der Namib von Wilderern gejagt, beinahe wären sie ausgestorben. Heute streifen wieder 150 Tiere durch die Wüste in Namibia - auch dank zahlungskräftiger Urlauber.
In Afrika gibt es zwei Arten von Nashörnern. Das Spitzmaulnashorn ist das kleinere, aber auch aggressivere. Fühlt es sich bedroht, rennt es weg - oder geht mit dem Horn voraus zum Angriff über. Das kann für Menschen tödlich enden. Martin Nawaseb scheint das nicht zu beeindrucken.
„Das letzte Mal vor zwei Wochen“, antwortet der 38-Jährige Teamleiter einer Forschungsgruppe auf die Frage, ob er jemals vor den Tieren fliehen musste. Den drei Touristen bleibt beinahe der Mittagssnack im Halse stecken. Sie waren gerade mit ihm unterwegs, zu Fuß, unbewaffnet, auf den Spuren der größten noch freilebenden Nashorn-Population der Welt.
Rund 150 der störrischen Kolosse bewegen sich heute wieder im Nordwesten Namibias, überwacht vom Save the Rhino Trust (SRT), Nawasebs Arbeitgeber. Der Organisation verdanken die Tiere ihr Überleben. Dürreperioden hatten den einheimischen Völkern der Herero, Himba und Damara Vieh und Nahrungsgrundlagen genommen, als von den 1970er Jahren an gleichzeitig Schmuggler in die Gegend kamen und einfache Hilfe anboten: Geld und Essen für Hörner und Elfenbein, erklärt Christiaan Bakkes, Generalmanager des Lodge-Betreibers Wilderness Safaris.
Zuletzt streiften nur noch knapp 50 Nashörner durch die Wüste. SRT stellte schließlich Wilderer als Wildhüter ein und bot den Menschen eine nachhaltige Alternative zum kurzlebigen Profit des Nashorngemetzels. Seitdem hat sich der Nashornbestand verdreifacht - und mit den Tieren kamen die Touristen.
An Nawasebs Forschungsgruppe ist die Symbiose zwischen Tourismus und Tierschutz gut erkennbar. Noch bevor die Morgensonne die Basaltfelsen der Namib in ein leuchtendes Rot taucht, steht sein Kollege Denson Tjiraso auf der Ladefläche des klapprigen Jeeps und hält Ausschau nach Nashornspuren. Eine kleine Giraffe steht verunsichert im noch nicht ganz ausgetrockneten Flussbett des Achab. Von den Eltern ist nichts zu sehen. „Womöglich vom Löwen gefressen“, sagt Tjiraso. In der sandigen Fahrspur zeichnen sich die klaren Konturen einer Nashornspur ab. Obwohl nur ein einziger Fußabdruck zu sehen ist, wissen die drei Feldforscher sofort, wo sie zu suchen haben.
In sechs Kilometern Entfernung macht Tjiraso das Nashorn schließlich auf einem Bergkamm aus. Die letzten zwei Kilometer geht es zu Fuß weiter. Unies, die Nashorndame, ist wach. Normalerweise pirschen sich die Forscher nur an ein Nashorn pro Tag heran, um die Tiere so wenig wie möglich zu stören. Heute sind es jedoch zwei: Unies hat ein Junges. Nach ein paar Minuten traben die beiden langsam an einen ungestörteren Ruheplatz weiter. Sie haben es auch den Eindringlingen zu verdanken, dass es solche Orte für sie noch gibt.