Auf die sanfte Tour in den Bergen
Einer von 24 Orten, die sich um die Umwelt kümmern: Mallnitz in Österreich.
Kräftig tritt er in die Bremse, der Schotter knirscht. Eilig springt Ranger Erwin Haslacher vom Sattel seines Elektro-Fahrrads und wirft den Kopf in den Nacken. „Da oben fliegen sie, was haben wir für ein Glück“, ruft er einer Gruppe mit zwölf Radfahrern zu, die verdutzt stehenbleiben. Fernglas oder Fotokamera — Haslacher kann sich kaum entscheiden. Hoch oben am blauen Sommerhimmel ziehen zwei Bartgeier ihre Kreise.
Wer in den drei Hochtälern von Mallnitz in Kärnten wandert oder mit dem Rad unterwegs ist, kann Glück haben und diese seltenen Tiere erspähen. Mit einer Flügelspannbreite bis zu 2,90 Metern gelten sie als die größten Vögel Europas. Sie wieder anzusiedeln, gehört zu einem Artenschutzprojekt im Nationalpark Hohe Tauern.
Ranger Haslacher führt die kleine Gruppe Touristen mit Elektro-Bikes durch das Mallnitzer Seebachtal. Auf Autos muss dabei niemand achten, denn für die ist das Tal gesperrt. Keine Abgase stören, kein Motorenlärm nervt. Die Vögel zwitschern, ein Flüsschen plätschert neben der Straße.
Entspannend ist der Ausflug auch, weil die Gruppe mit Pedelecs unterwegs ist: Die Radler treten so kräftig in die Pedale, wie sie können und mögen. Dabei geht es immer gut voran, denn ein kleiner Elektromotor unterstützt die Fahrt. Wird der Weg beschwerlicher durch Schotter oder eine Steigung, genügt ein leichter Tipp auf das Display am Lenker. Der Fahrer schaltet weiter hoch auf Stufe 3 oder 4 — und schon fühlt es sich an, als eile eine gute Fee herbei und gebe immer wieder mal einen kleinen Schubs nach vorn. So schön kann sanfte Mobilität sein.
„Eine Tour mit E-Bikes ist richtig klasse“, sagt Christine, während sie einen Wasserfall im Vorbeifahren bewundert. „Wenn man sich nicht so anstrengen muss, bekommt man viel mehr von der Landschaft mit. Diese Illusion von Fitness ist so richtig angenehm“, ergänzt sie lachend.
Sanfte Mobilität ist in Mallnitz ein wichtiges Thema, denn die Gemeinde gehört zu dem Verbund der Alpine Pearls. 24 Urlaubsorte aus sechs Ländern haben sich als Alpine Perlen dem Kooperationsprogramm angeschlossen und sich damit zur Förderung von sanfter Mobilität und ganz allgemein von Umweltschutz und Nachhaltigkeit verpflichtet.
Die Gemeinde Mallnitz kann dabei einiges aufweisen. Sogar die Anreise dorthin lässt sich umweltfreundlich bewältigen, denn Mallnitz besitzt einen ICE-Bahnhof.
Auch während des Urlaubs muss man seinen Pkw nicht vermissen, denn mit dem Wanderbus fahren Besucher in der gesamten Region zu allen interessanten Ausflugsorten. Für die Spaßmobilität gibt es im Ort 23 E-Bikes. Mehrere Ranger stehen parat, um die Touren auf Wunsch zu begleiten.
Die sanfteste Fortbewegungsart ist allerdings das Wandern. Am Nachmittag ist die Gruppe zu Fuß im Mallnitzer Tauerntal unterwegs. Am Ortsausgang genießen Touristen den Blick auf den schneebedeckten Gipfel des Ankogels, den „Hausberg von Mallnitz“, wie die Einwohner die 3252 Meter hohe Erhebung liebevoll nennen.
Der Weg führt zunächst an einem kristallklaren Bach entlang. Kühe stehen auf der anderen Seite des Wasserlaufs. Sie kauen und schauen gelassen zu den Wanderern herüber. Weiter geht es leicht bergauf über sanft geschwungene Wiesen, auf denen Kräuter wachsen und sich kleine Blüten in Gelb, Orange und hellem Lila im lauen Wind wiegen.
Zwar ist die Wanderung nicht wirklich anstrengend, doch es ist heiß an diesem Nachmittag im Juni. Da ist der typische leichte Tauernwind angenehm.
Schon bald ist die Stockerhütte in Sicht mit einer kleinen Terrasse aus dunklem Holz. Da schmeckt das Radler, das es hier mit Grapefruit-Limonade gibt.
Auch beim Abendbrot in Mallnitz ist Nachhaltigkeit ein Thema. Erich Hohenwarter, Inhaber und Koch des Hotels Sonnenhof, setzt mit seiner Speisenauswahl auf regionale Produkte.
Auf dem Räucherlachs liegen grüne Blätter, Kräuter und zur Zierde zwei Gänseblümchen obenauf: knackiger Unkrautsalat mit Löwenzahn, Frauenmantel, Spitzwegerich und Bärlauch. „Das ist alles von hier. Da seid Ihr heute Nachmittag drübergelatscht“, sagt der Koch grinsend.
Gemütlich lassen die Ausflügler den Abend ausklingen. Nach einem erlebnisreichen Tag in frischer Alpenluft erwarten sie eine entspannte Nachtruhe, um neue Energien zu sammeln.
So wie es auch die E-Bikes tun, die längst an der Ladestation hängen, um am nächsten Tag wieder für die Spaßmobilität bereitzustehen.
Und auch die gute Fee wird ganz sicher wieder zur Stelle sein.