Berlin: Die deutsche Hauptstadt mit der Rikscha entdecken
Vorn strampelt der Fahrer – der natürlich auch die besten Tipps für weitere Ausflüge in der Weltmetropole für seine Gäste parat hat.
Berlin. So hatten Sabrina und Uwe sich den Auftakt zu ihrem Wochenende nicht vorgestellt. Die beiden Düsseldorfer sind über die Osterfeiertage nach Berlin gekommen, um ein wenig die Clubszene zu erkunden. Zu Beginn des verlängerten Wochenendes wollten sie sich bei einem Frühstück im Restaurant des Fernsehturms erst einen Überblick über die Stadt verschaffen. Und nun sowas: Bei strahlendem Sonnenschein hat sich eine mehr als 100 Meter lange Schlange vor dem Fernsehturm gebildet.
"Da wartet Ihr mindestens eine Stunde", sagt Mario grinsend. Der Endzwanziger steht, das Basecap lässig in den Nacken geschoben, neben einem Gefährt, das an eine Kreuzung aus Zeppelin und Dreirad erinnert - einem Velotaxi. Mario ist einBerliner Velotaxi- und Rikscha-Fahrer. Und als solcher hat er natürlich auch sofort eine Lösung für Sabrina und Uwes Problem: Nur wenige Minuten entfernt gäbe es eine andere Aussichtsplattform. "Von der habt Ihr auch einen tollen Blick." Und das Schönste: "Man fährt mit dem schnellsten Fahrstuhl Europas hinauf."
Gern bringt er Sabrina und Uwe dort hin, bietet Mario an. Was das denn kosten solle, wollen die beiden wissen. "Das hängt natürlich davon ab, wie wir fahren", antwortet Mario mit einem Augenzwinkern. Die direkte Fahrt zum Potsdamer Platz kostet zwölf Euro. "Für Euch beide zusammen", fügt er hinzu. Bei einer Halbstundentour könnte er allerdings noch einen Abstecher zum Gendarmenmarkt und vielleicht auch zum Checkpoint Charly machen, meint Mario. Das koste sie dann 18Euro.
"Abgemacht", sagen die beiden. Während sie in das Velotaxi steigen, schwingt sich Mario auf den Sattel. Am Fernsehturm vorbei fahren die drei in Richtung Nikolaiviertel. Als sie noch nicht einmal das Rote Rathaus erreicht haben, dreht sich Mario um und zeigt auf die in der Sonne blitzende Kugel des Fernsehturms. "Seht Ihr das Kreuz da oben? Dem haben die Berliner den Spitznamen Sankt Walter gegeben", berichtet er. Sehr zum Ärgernis des damaligen DDR-Staatsoberhaupts Walter Ulbricht, erzählt Mario weiter. Der hatte den Turm Ende der 60-er Jahre errichten lassen.
Dann schießt das Velotaxi über die große Kreuzung vor dem Roten Rathaus und verschwindet in den engen Gassen des Nikolaiviertels. Dort, an der Wiege Berlins, drehen sie eine Runde um die trutzige Kirche mit ihren beiden Glockentürmen. Die Nikolaikirche ist das älteste Gebäude der Stadt. Wie der Rest des Viertels wurde sie während des Kriegs schwer beschädigt. Vor rund 25Jahren hat man das Viertel im Zuckerbäcker-Stil wieder aufgebaut, als Touristenmagnet für die 750-Jahr-Feier.
Am Zille-Denkmal vorbei setzen die drei ihre Tour Richtung Spree fort. Die Cafés an der Uferpromenade haben bereits die Tische heraus gestellt. Langsam schlängelt sich Mario zwischen Kellnern und Sonnenschirmen hindurch und keucht die Steigung zur Rathausstraße hinauf.
Der nächste Stopp ist am Gendarmenmarkt. Links und rechts des Schauspielhauses stehen zwei sich scheinbar wie ein Ei dem anderen gleichende Kirchen: der Deutsche und der Französische Dom. "Nur die Türme sind gleich", korrigiert Mario den Eindruck der beiden Rheinländer. Dann gibt er die Geschichte von der Gründung der Friedrichstadt und der Ansiedlung der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten zum Besten.
Bevor es weiter gehen kann, wollen Sabrina und Uwe noch Fotos machen. Sabrina posiert vor dem Schiller-Denkmal und beide zusammen auf den Stufen des gewaltigen Schinkeltheaters.
Das historische Berlin hinter sich lassend, fährt Mario Richtung Kreuzberg. Hinter der Leipziger Straße: Szenenwechsel. Statt klassizistischem Prunk glänzende Stahl-, Glas- und Granitfassaden. "Das war früher Grenzgebiet. Hier kam keiner hin", klärt Mario Sabrina und Uwe auf. Am Checkpoint biegt er Richtung Westen ab und steuert, dem Verlauf der Berliner Mauer folgend, auf den Potsdamer Platz zu.
Dann haben Sabrina und Uwe Hunger. "Wenn’s heimische Küche sein soll, habe ich was Duftes für Euch." Auf dem Weg dahin könne man noch kurz am Brandenburger Tor und am Reichstag halten. 20Minuten später klettern Sabrina und Uwe am Schiffbauer Damm aus dem Velotaxi. Die beiden nehmen Platz an einem Tisch direkt am Spree-Ufer. Tolle Lage.
Während Mario wieder in die Pedale tritt, dreht er sich noch einmal um. "Versucht es doch heute Abend noch mal am Fernsehturm", ruft er den beiden zum Abschied zu. "Dann ist es bestimmt leerer. Und den tollen Sonnenuntergang gibt es dann gratis dazu. Tschüüüss!""