Das Paradies liegt am Arme-Leute-Strand von Cádiz
Cádiz (dpa/tmn) - An der Südspitze Spaniens liegt das meerumschlungene Cádiz. Hier geht man vor dem Einkaufen schnell mal eben im Atlantik schwimmen und trinkt nahezu ganzjährig „Rotwein des Sommers“.
Wer nicht ins Schwärmen gerät, kann nur ein Einheimischer sein.
Raúl ist in Cádiz aufgewachsen und wohnt heute in Köln. Was ist da schief gelaufen? Diese Frage stellt man sich unwillkürlich, wenn man das erste Mal in seine Heimatstadt reist. Schon die Anfahrt: Das Umland, gelbbraun verdorrt, wird von weißen und rosa Tupfern aufgelockert - Störchen und Flamingos. Und dann kommt die Stadt in Sicht - weiß wie ein andalusisches Bergdorf, strahlend und glitzernd unter der Sonne Spaniens.
Cádiz wird an drei Seiten vom Atlantik umspült. Ihres Umrisses wegen nennt man diese Halbinsel „tacita del plata“, das Silbertässchen. „Die Leute sind insular eingestellt“, sagt Raúl. Eine Gesellschaft, in die man als Außenstehender kaum vordringen kann.
Ungefähr zehn Gehminuten von der Kathedrale im Stadtzentrum entfernt liegt die Stelle, an der Halle Berry den Wellen entstieg. Das war 2002, in dem James-Bond-Film „Stirb an einem anderen Tag“. Cádiz musste dabei selbst ein wenig schauspielern und als Havanna herhalten. Wer weiß, wie viele Zuschauer daraufhin eine Kuba-Reise gebucht und dort vergebens nach dem schönen alten Strandbad mit den Guglhupftürmchen gesucht haben. „La Caleta“ heißt der Strand, an dem man nach einem langen Tag im Büro rasch ein Bad nehmen kann.
„Es ist der Strand, zu dem man laufen kann - der Arme-Leute-Strand“, sagt Raúl. „Die höhere Klasse kommt hier nicht hin.“ Sollte man unter diesen Umständen nicht wünschen, in Cádiz arm zu sein? Spanier sind selten schwärmerisch veranlagt, und Raúl, ein promovierter Mathematiker, bildet da keine Ausnahme. Er verweist auf die hohe Arbeitslosigkeit und argumentiert mit weiteren, empirisch belegbaren Härten.
Dem paradiesischen Arme-Leute-Strand vorgelagert ist das Kastell San Sebastián aus dem 16. Jahrhundert. Man erreicht es über eine Brücke, an der sich bei Flut die Atlantikwellen brechen. Vom höchsten Punkt aus springen braungebrannte Jungen ins Meer - sie kennen die Stellen, an denen es hier auch bei Ebbe tief genug ist. „Ich würde hier nicht runterspringen“, warnt Raúl. Ein alter Mann hat sein Boot vertäut und kommt nun über den Steg geschlendert - aus seinem Eimer ragen Fischschwänze. Da draußen tummelt sich so einiges - Finnwale zum Beispiel, im Sommer ziehen Orcas durch die Straße von Gibraltar.
Ein paar hundert Meter weiter erhebt sich das Castillo de Santa Catalina. Cádiz wurde einst scharf bewacht, es war der Tresor Spaniens. Die Verteidigungsanlagen entstanden, nachdem Sir Francis Drake und andere Freibeuter die Stadt überfallen hatten. Man sprach damals davon, dass Drake dem König von Spanien den Bart angesengt habe. Nirgendwo war so viel zu holen wie in Cádiz. Davon zeugen noch die historischen Stadtpaläste mit ihren zierlichen Türmchen, die „miradores“, auf denen die „comerciantes“ nach ihren reich beladenen Galeonen Ausschau hielten.
Es gibt zumindest eine Gemeinsamkeit zwischen Cádiz und Köln: Beides sind Karnevalshochburgen. Der Karneval von Cádiz ist allerdings frecher - der Diktator Franco ließ ihn sogar verbieten, aber daraufhin sangen die Karnevalisten von Cádiz ihre Lieder einfach im Sommer. Uralte Lieder, die von den Seeleuten bis in die Neue Welt getragen wurden. Heute erstreckt sich das Fest nicht nur auf die Tage um Rosenmontag, es schließt noch das Wochenende danach ein.
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