EM-Stadt am Dnjepr: Ein Streifzug durch Kiew
Kiew (dpa/tmn) - Gut 20 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs präsentiert sich die ukrainische Metropole Kiew als Brücke zwischen Ost und West. Denn hier steigt am 1. Juli das Finale der Fußball-EM - in einem Stadion, das nicht so recht zur Stadt passen will.
Alte Kirchen und Klöster, ukrainischer Barock, imperiale Bauten, Sowjetvergangenheit, moderne Kunst und pulsierendes Nachtleben - Kiew hat für Touristen eine Menge zu bieten. Im Juni verleihen die zahlreichen Kastanien der Innenstadt der Drei-Millionen-Metropole eine angenehme Atmosphäre, und Fußballfans können sich in ihrem Schatten vom Reiz der Stadt bezaubern lassen.
Eine Tour durch die ukrainische Hauptstadt beginnt im Zentrum auf dem Unabhängigkeitsplatz und dem Kreschtschatik, der nach dem Krieg im Stalinschen Architekturstil wieder aufgebauten Prachtstraße. Hier wird im Juni die größte Fanmeile der Europameisterschaft bis zum neu gebauten Olympiastadion führen. Fünf riesige Leinwände und eine 3-D-Projektion an das Rathaus sollen Public Viewing ermöglichen. Doch auch ohne Fußball-EM laden die breiten Bürgersteige mit den vielen Bänken unter den Kastanien zum Verweilen ein.
An schier endlosen Plattenbauten vorbei, die auch in ihren modernen Ausführungen immer noch eher an Moskau, denn an Berlin oder London erinnern, eröffnet sich der Blick auf den Dnjepr. Das rechte Ufer des breiten Stroms wird vor allem von der riesigen Mutter-Heimat-Statue dominiert - eines der Wahrzeichen der Stadt. 1981 eingeweiht, komplett aus Stahl und zehn Meter höher als die Freiheitsstatue in New York, soll es an den Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg erinnern. Rechts davon sind bereits die vom satten Grün eingerahmten goldenen Kuppeln des Kiewer Höhlenklosters zu sehen.
Wenige Ecken weiter liegt das neue Olympiastadion. Das Projekt des deutschen Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner will nicht so recht in die triste Umgebung passen. Einzig das unweit gelegene Parus Business Center Hochhaus, in dem Boxweltmeister Vitali Klitschko sowie die Milliardäre Dmitri Firtasch und Viktor Pintschuk residieren, fügt sich in das moderne Konzept aus Glas und Stahl ein. Die Kiewer Stadtväter hätten davon eigentlich gerne mehr.
Vorbei am protzigen Sowjetbau des ukrainischen Außenministeriums, der auf den Trümmern der von den Sowjets zerstörten Dreifaltigkeitskirche errichtet wurde, gelangt man zu den Steilhängen des Dnjeprs. Hinab zum Fluss geht es über den Andreassteig. Zuvor muss jedoch unbedingt ein Unikum des modernen Kiews aufgesucht werden. Inmitten des Zentrums wurde ein kleiner Park mit fantasievollen Skulpturen errichtet. Politiker reißen sich darum, neue Skulpturen zu spenden, um ihre Namen auf den Täfelchen zu sehen. Die Kiewer lieben es, an diesem Platz ihre freien Stunden zu verbringen.
Zum Abend entspannen die Einheimischen gern in den vielen Bars und Restaurants der Innenstadt. Fußball kann man jedenfalls nicht verpassen. Plasmabildschirme und Fußballübertragungen sind Standard. Vergessen sollten Besucher jedoch bei ihren Bestellungen nicht, dass Kiew eine der teuersten Städte Europas ist.